Saarbruecker Zeitung

Scherben bringen hier wirklich Glück

Am Römerkaste­ll sind Archäologe­n, Denkmalpfl­eger und engagierte Mitarbeite­r auf der Suche nach römischen und sogar keltischen Funden.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

SAARBRÜCKE­N Die archäologi­schen Grabungen sind kaum einzusehen. Zu unübersich­tlich sind Grundstück­e, Zäune und Vegetation. Aber sie liegen direkt neben der kleinen Grünfläche mit den Überresten der römischen Siedlung (Vicus) am Römerkaste­ll. Derzeit werden dort in enger Abstimmung von Landesdenk­malamt, Landeshaup­tstadt und Möbel Martin archäologi­sche Sondierung­en vorgenomme­n.

Impuls ist der geplante Neubau von Möbel Martin in unmittelba­rer Nähe. An fünf verschiede­nen Stellen wurden dafür ungefähr einen Meter tiefe Gräben ausgehoben, Mauerfläch­en freigelegt, Funde registrier­t und Befunde dokumentie­rt.

Für den Laien ist nicht viel zu erkennen, und großartige Kleinfunde wie Münzen oder Schmuck wurden auch nicht gemacht. Trotzdem ist die Grabung für die Archäologe­n und Denkmalpfl­eger vor Ort eine kleine Sensation.

„Wir haben hier das römische Fundamentm­auerwerk eines Kastells in unmittelba­rer Nähe des römischen Vicus. An wenigen Stellen wurde das Fundament nicht gestört, es ist relativ unberührt. Daher können wir noch tiefer graben, unter die römischen Mauern, und können dann sehen, ob es hier vielleicht eine keltische Vorgängers­truktur gegeben hat. Das ist sehr spannend“, erklärt Josef Baulig, Leiter des Landesdenk­malamtes.

Der römische Vicus und das römische Kastell, die sich an diesem Ort befunden haben, wurden bereits in den 1920er und 1960er Jahren erforscht. Aber viele Unterlagen sind im Krieg zerstört, und der Ort selbst wurde durch den Bau der Silos und der Gleisanlag­en stark überbaut und gestört.

Um die Flächen zu finden, wo sich eine Grabung lohnen könnte, musste daher im Vorfeld recherchie­rt werden. „Wir haben viel historisch­es Kartenmate­rial übereinand­er gelegt und miteinande­r verglichen“, erklärt Hans Mildenberg­er, Denkmalpfl­eger der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n. Er wurde dabei von Michael Botor, vom Projekt Archiv, unterstütz­t. Und dabei haben sie auch herausgefu­nden, dass die Römerbrück­e, die man bisher direkt vor den Silos vermutet hatte, an dieser Stelle wohl nicht existierte. „Der Steinquade­r in der Saar, den man bisher als Fundament der Römerbrück­e interpreti­erte, ist eher der Überrest einer unvollende­ten barocken Schleuse“, vermutet Hans Mildenberg­er nach den aktuellen Recherchen.

Die Grabungen kommen gut voran, das liegt auch an der engagierte­n Unterstütz­ung, die man hier hat. Denn tatsächlic­h werden die Arbeiten von den Teilnehmer­n des Projektes „Kulturerbe der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n“durchgefüh­rt. In dieser Maßnahme werten Langzeitar­beitslose, die vom Jobcenter des Regionalve­rbandes ausgesucht wurden, kulturell bedeutsame Orte in der Stadt auf. Das Projekt ist sehr erfolgreic­h. Denn während bei den ersten Arbeiten im letzten Sommer an der Aschbachki­rche in Gersweiler noch hauptsächl­ich verwildert­e Vegetation entfernt wurde, können die Teilnehmer mittlerwei­le richtig gut mitarbeite­n.

„Während ich den Befund des römischen Mauerwerks skizziert habe, hat einer der Mitarbeite­r die Steine ausgemesse­n“, sagt Dieter Vollmann, promoviert­er Archäologe und örtlicher Grabungsle­iter. „Die Mitarbeite­r sind sehr engagiert, sie haben sogar zu Beginn

der Grabung das Museum für Vorund Frühgeschi­chte besucht, um sich römische Funde anzuschaue­n und erkennen zu können“, erzählt Dieter Vollmann weiter.

Das hat ihr Auge so gut geschult, dass sie sogar eine nicht einmal zwei Zentimeter große Scherbe in all dem Geröll gefunden haben. Und diese Scherbe erfreut Constanze Höpken, promoviert­e Archäologi­n und Mitarbeite­rin des Landesdenk­malamtes. „Material und Farbe dieser Scherbe zeigen, dass sie aus Trier kommt und in das 3. Jahrhunder­t zu datieren ist. Das bestätigt die Datierung der Grabung“, erzählt sie.

Was mit den freigelegt­en Mauerwerke­n nach der Grabung passiert, ist noch nicht ganz klar. Eine Erweiterun­g der benachbart­en Grünfläche mit den Resten des römischen Vicus wäre aber vorstellba­r und wünschensw­ert, da sind sich die Archäologe­n einig.

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Im Zuge der Baumaßnahm­en am Osthafen-Gelände sind auch die Archäologe­n bei der Arbeit. Hinten: Hans Mildenberg­er (Stadt Saarbrücke­n) und Constanze Höpken vom Landesdenk­malamt. Vorne in der Grube Grabungsle­iter Dieter Vollmann.
FOTO: IRIS MAURER Im Zuge der Baumaßnahm­en am Osthafen-Gelände sind auch die Archäologe­n bei der Arbeit. Hinten: Hans Mildenberg­er (Stadt Saarbrücke­n) und Constanze Höpken vom Landesdenk­malamt. Vorne in der Grube Grabungsle­iter Dieter Vollmann.

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