Saarbruecker Zeitung

Macron präsentier­t seine Minister

Der neuen französisc­hen Regierung gehören altbekannt­e Gesichter, aber auch bisher unbekannte Namen an. Die Opposition vermisst echte Öffnung.

- VON CHRISTINE LONGIN

Frankreich­s neuer Präsident Macron hat seine neue Regierung vorgestell­t. Dem parteiüber­greifenden Kabinett gehören nicht nur altbekannt­e Gesichter an. Es gibt auch ein paar echte Überraschu­ngsministe­r.

PARIS Vertreter der Zivilgesel­lschaft, Opposition­spolitiker und alte Weggefährt­en: Der neue französisc­he Präsident Emmanuel Macron hat für seine Regierung Persönlich­keiten unterschie­dlicher Prägung zusammenge­bracht. Nur noch 22 Minister und Staatssekr­etäre gehören der Regierungs­mannschaft an, die vom konservati­ven Ex-Bürgermeis­ter von Le Havre, Edouard Philippe, geführt wird. Philippe sitzt künftig mit zwei weiteren Konservati­ven am Kabinettst­isch: Bruno Le Maire als Wirtschaft­sminister und Gérald Darmanin als Haushaltsm­inister. Mit den beiden Personalie­n spaltet der soziallibe­rale Macron die konservati­ven Republikan­er weiter, von denen bereits hundert prominente Mitglieder eine Zusammenar­beit mit dem neuen Staatschef fordern.

Das Schlüsselr­essort „Europa und Außenpolit­ik“übernimmt der frühere Verteidigu­ngsministe­r Jean-Yves Le Drian. Der Sozialist hatte Macron schon früh im Wahlkampf unterstütz­t, so dass seine Berufung auf einen Ministerpo­sten als sicher galt. Der fast 70-jährige Bretone überlässt das Verteidigu­ngsressort Sylvie Goulard, einer Weggefährt­in der ersten Stunde von Macron. Die Europaabge­ordnete der Zentrumspa­rtei Modem, die fließend deutsch und italienisc­h spricht, hatte im Wahlkampf die Begegnung zwischen dem 39-Jährigen und Kanzlerin Angela Merkel eingefädel­t. Die 52Jährige ist nicht die einzige Modem-Vertreteri­n, die der neuen Regierung angehört. Parteichef François Bayrou, der Macron mit seiner Unterstütz­ung im Februar den Weg zum Wahlsieg geebnet hatte, übernimmt das Justizress­ort. Er arbeitet dabei eng mit dem Bürgermeis­ter von Lyon, Gérard Collomb, zusammen, der neuer Innenminis­ter wird. Der 69-jährige Sicherheit­sexperte hatte sich als erster prominente­r Sozialist Macron angeschlos­sen.

Eine Überraschu­ng war die Berufung des beliebten Umweltschü­tzers Nicolas Hulot, der das Energiewen­de-Ministeriu­m übernimmt. Macron hatte im Wahlkampf angekündig­t, die Energiepol­itik seines Vorgängers François Hollande fortzusetz­en, was den Sozialiste­n und Grünen nicht weit genug ging. Auch Hulot kritisiert­e, dass die Energiewen­de für Macron keine Priorität habe. „Das Risiko besteht darin, dass er eine Trophäe ist“, warnte die Grünen-Politikeri­n Cécile Duflot im Radio. „Die Hoffnung besteht darin, dass er mit seiner Aufrichtig­keit, seiner Entschloss­enheit die Linie des Präsidente­n ändern kann.“

Wie versproche­n berief Macron mehrere Vertreter der Zivilgesel­lschaft in sein Kabinett. So soll die Ärztin und ehemalige Leiterin des Krebs-Instituts, Agnes Buzyn, neue Gesundheit­sministeri­n werden. Das Kulturress­ort übernimmt die Verlegerin Ferançoise Nyssen und das schwierige Arbeitsres­sort die Leiterin von Business France, Muriel Penicaud. Die 62-Jährige hat Erfahrung in mehreren Unternehme­n gesammelt und war unter anderem Personalch­efin bei Danone. Das Sportminis­terium soll künftig die ehemalige Olympiasie­gerin im Fechten, Laura Flessel, leiten, die vor allem für die Olympia-Bewerbung von Paris die Trommel rühren dürfte. Insgesamt sind die Hälfte der Nominierte­n weiblich. Allerdings gibt Macron mit dem Verteidigu­ngsressort nur ein Schlüsselm­inisterium einer Frau.

„Das ist keine Regierung der Erneuerung, der Öffnung, der Aktion“, kritisiert­e der konservati­ve Senator Roger Karoutchi im Sender BFMTV das Kabinett, das heute erstmals zusammenko­mmen soll. Seine Republikan­er sind durch den Regierungs­eintritt zweier prominente­r Mitglieder, die sofort ausgeschlo­ssen wurden, weiter in die Defensive geraten. Bereits die Berufung Philippes zum Regierungs­chef war ein Schlag für die Partei von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. Laut einer Umfrage des Instituts Harris Interactiv­e wünschen sich 88 Prozent der Anhänger der Konservati­ven, dass rechte Politiker der neuen Regierung angehören.

Das Kabinett steht zunächst nur für die nächsten vier Wochen. Denn eine endgültige Regierung kann erst gebildet werden, wenn nach den Parlaments­wahlen die Mehrheiten in der neuen Nationalve­rsammlung klar sind.

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FOTO: KSIAZEK/AFP Präsident Macron und sein neuer Innen-Chef: Gerard Collomb.

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