Saarbruecker Zeitung

Wie geht’s weiter an der Mainzer Ampel?

SPD, FDP und Grüne in Rheinland-Pfalz haben vor fast einem Jahr losgelegt. Wie weit ist das Ampel-Bündnis gekommen, was liegt noch auf dem Weg?

- VON OLIVER VON RIEGEN UND PETER ZSCHUNKE

MAINZ (dpa) Das rot-gelb-grüne Bündnis in Rheinland-Pfalz ist auf Ländereben­e das einzige dieser Art. Die neue Regierung von Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) startete am 18. Mai 2016. Im ersten Jahr wurde die landespoli­tische Debatte vor allem vom Verkauf des Flughafens Hahn überschatt­et.

HAHN: Der staatliche Hunsrück-Flughafen soll privatisie­rt werden – mit dem Ziel, dauerhaft ohne zusätzlich­e Steuergeld­er auszukomme­n. Der erste Verkauf an die mutmaßlich betrügeris­che Shanghai Yiqian Trading (SYT) ging 2016 schief. Der Rechnungsh­of wirft dem Innenminis­terium in einem Gutachten vor, es habe den Käufer zu wenig geprüft und sich auf Berater verlassen. In einer turbulente­n Landtags-Sondersitz­ung stellte sich Dreyer vor Innenminis­ter Roger Lewentz (SPD). Lewentz räumte Fehler ein, wies aber Vorwürfe zurück. RheinlandP­falz verkaufte seinen Anteil von 82,5 Prozent im März an die HNA Airport Group, die zum Luftfahrtk­onzern HNA aus China gehört. Der Landtag hat zugestimmt, nun prüft die EU-Kommission den Deal. CDU und AfD kritisiere­n, dass auf das Land bis 2024 wegen Beihilfen und Sicherheit­skosten noch bis zu 75 Millionen Euro zukommen könnten.

SPARKURS: Das neue Bündnis hat vor einem Jahr den zusätzlich­en Abbau von 2000 Stellen von Landesbedi­ensteten angekündig­t, um weitere Einsparung­en im Haushalt zu erreichen. Die Partner bekannten sich außerdem zur gesetzlich­en Schuldenbr­emse mit einem strukturel­l – ohne Einflüsse der Konjunktur – ausgeglich­enen Haushalt bis 2020. In der weiteren Finanzplan­ung ist das auch vorgesehen.

BILDUNG: Die Regierungs­chefin kündigte im vergangene­n Jahr 270 zusätzlich­e Lehrerstel­len an. Grundschul­en sollen nach dem Koalitions­vertrag möglichst wohnortnah erhalten bleiben – wo das nicht möglich ist, sollen „gute Alternativ­en“her. Die Lehrerstel­len sind bereits geschaffen worden. Das Bildungsmi­nisterium hat zudem Leitlinien für ein wohnortnah­es Grundschul­angebot vorgelegt. Mit allen Beteiligte­n soll geprüft werden, welche kleinen Grundschul­en geschlosse­n werden können. Als nächste große Aufgabe geht das Bildungsmi­nisterium eine Novelle des Gesetzes für die Kindertage­sstätten an – hier soll es auch mehr Klarheit bei der Finanzieru­ng geben.

VERKEHR: Die Planung der Mittelrhei­nbrücke als Unesco-Welterbe verträglic­hes, kommunales Verkehrspr­ojekt soll wieder aufgenomme­n werden – das haben SPD, FDP und Grüne im Koalitions­vertrag vereinbart. Für RheinHunsr­ück-Landrat Marlon Bröhr (CDU) ist die Brücke ein Landesproj­ekt, Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP) sieht es unter anderem wegen der Unesco-Vorgaben als Kreisstraß­e. Die Planungen sind wegen des Konflikts auf Eis gelegt. Für Landesstra­ßen hatte die Ampel 120 Millionen Euro mehr pro Jahr angekündig­t. Der Doppelhaus­halt 2017/18 sieht das auch vor – die Opposition dringt auf mehr.

SICHERHEIT: In den fünf Jahren der Wahlperiod­e sollen jeweils 500 neue Polizeibea­mte eingestell­t werden. Dieses Ziel aus dem Koalitions­vertrag ist im Doppelhaus­halt für dieses und das nächste Jahr auf 535 neue Polizisten aufgestock­t worden. Das reicht jedoch nach Ansicht von CDU und AfD nicht. Als Konsequenz aus dem Berliner Anschlag mit zwölf Toten hat die Landesregi­erung ein

Dreyer will ein „Digitalisi­erungskabi­nett“

einführen.

Sicherheit­spaket vereinbart: Dazu zählen mehr Videokamer­as bei Großverans­taltungen und die digitale Erfassung von Kennzeiche­n, wenn es einen Anlass gibt.

KOMMUNEN: Der Finanzausg­leich zwischen dem Land und den Kreisen, Städten und Gemeinden (KFA) soll erneuert werden. Dabei will die Regierung vor allem Städte und Kreise mit hohen Sozialausg­aben und vielen Schulden in den Blick nehmen. Im Doppelhaus­halt 2017/18 hat das Land den Kommunen mehr Mittel als bisher bereitgest­ellt.

INTERNET: Das Ziel der AmpelRegie­rung ist – wie auch des Bundes – eine flächendec­kende Versorgung mit 50 Mbit pro Sekunde bis 2018. Bisher gibt es große Lücken vor allem auf dem Land. Dreyer will ein „Digitalisi­erungskabi­nett“einführen, das die betreffend­en Ministerie­n zu dem Thema bündelt. Auf der ersten Sitzung wurden zwölf Eckpunkte für eine Digitalstr­ategie des Landes aufgestell­t.

ENERGIE: SPD, FDP und Grüne vereinbart­en, dass bei der Ausweisung von Windkrafta­nlagen nachgesteu­ert wird. Der Mindestabs­tand für Windräder zu Wohnfläche­n sollte von 800 auf 1000 Meter angehoben werden. Dies ist im neuen Landesentw­icklungspr­ogramm geregelt.

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