Saarbruecker Zeitung

Gelingt die Filmhaus-Wiederbele­bung?

Das zurzeit geschlosse­ne Saarbrücke­r Stadt-Kino will am 8. Juni wieder öffnen. Barrierefr­ei wird es 2017 nicht mehr.

- VON TOBIAS KESSLER

SAARBRÜCKE­N „Das Team des Filmhauses bedankt sich bei allen treuen Besuchern in den letzten Jahren und wünscht dem kommunalen Filmprogra­mm eine lange Zukunft.“So lapidar, fast versteckt auf Seite 11 des April-Programmhe­fts, liest sich das Ende des Saarbrücke­r kommunalen Kinos in seiner gewohnten Form.

Zurzeit ist das Kino in der Mainzer Straße geschlosse­n, abgesehen von zwei Sondervera­nstaltunge­n über US-Fernsehen (23. Mai und 6. Juni). Am 8. Juni soll es wieder öffnen – mit anderer Struktur und neuer Leitung. Es ist die Folge des konstanten Besuchersc­hwunds in den vergangene­n Jahren (wir berichtete­n mehrfach); FilmhausLe­iter Michael Jurich, seit Februar 2010 im Amt, geriet in die Kritik: nicht wegen seines anspruchsv­ollen Programms, eher wegen der dürren Außenwirku­ng und -darstellun­g des Kinos. Das Filmhaus war in der Saarbrücke­r Kinolandsc­haft an den Rand geraten. Spekuliert wurde da viel: Zieht das Filmhaus in zwei Säle der Camera Zwo? Fusioniert es mit dem Kino Achteinhal­b? Kommt eine Privatinit­iative zum Zuge, die sich als Filmhausbe­treiber angeboten hat?

Im Januar verkündete Saarbrücke­ns Kulturdeze­rnent Thomas Brück (Grüne) seine Pläne, das Filmhaus a) lebendiger und b) billiger zu machen. Sein Konzept: Auflösung des personalin­tensiven Amts für kommunale Filmarbeit, Versetzung von Michael Jurich ins Stadtarchi­v und ein Vertrag mit Michael Krane, dem Leiter des Saarbrücke­r Kinos Camera Zwo. Der soll sich um das Programm in dem einen verbleiben­den großen Kinosaal kümmern. Christel Drawer, ehemals Leiterin des OphülsFest­ivals (1993-2002), zieht mit dem Wissenscha­ftsbereich des Kulturamte­s, dem künftigen Filmhaus-Träger, in die Mainzer Straße und soll dort Veranstalt­ungen und Kooperatio­nen organisier­en.

Noch vage waren diese Pläne im Januar. Zudem stolperten sie über den Umstand, dass man die Kinoprogra­mmleitung hätte ausschreib­en müssen. Das hat die Stadt nun nachgeholt, die Frist ist abgelaufen und Brücks Konzept konkreter; der Stadtrat wird am 23. Mai darüber abstimmen.

Zwei Bewerbunge­n sind laut Brück eingegange­n, nur eine mit einem konkreten und in der Ausschreib­ung verlangten Preisangeb­ot – von Michael Krane. Der erfahrene Kinomann soll nun laut Brücks Plan einen Dienstleis­tervertrag mit der Stadt unterschre­iben, der ab dem 1. Juni für vier Jahre läuft. Krane ist mit eigenem Personal für den kompletten Kinobetrie­b verantwort­lich: Programmau­swahl (Brück: „in enger Abstimmung mit dem Kulturamt“), Bestellen der Filme, Vorführung, Verwaltung, technische Wartung und Gastronomi­e an der Filmhaus-Theke. Dafür sichert ihm die Landeshaup­tstadt eine monatliche Pauschale zu. Deren Höhe hatte Lothar Schnitzler, kulturpoli­tischer Sprecher der Linken im Stadtrat, der dieses Konstrukt als „Privatisie­rung von Gewinnen“kritisiert, bei einer Diskussion ums Filmhaus mit 7000 Euro beziffert. Nach SZ-Informatio­nen sind es 6000 Euro. Die Einnahmen gehen ebenfalls an Krane, der im Gegenzug die Filmmieten und den Versand der Filme bezahlt, dazu für das zweimonati­ge Programmhe­ft, einen wöchentlic­hen Flyer, Werbung und den Internet-Auftritt verantwort­lich ist. Brück: „Das ist die Aufwendung wert.“

So „sozialvert­räglich“wie im Januar angekündig­t, gerät dieser Umbau allerdings nicht: Zwar sind die Filmhaus-Festangest­ellten (die Amtsleiter­stelle, eine ganze und zwei halbe Stellen) innerhalb der Stadtverwa­ltung auf andere Posten versetzt worden; aber vier „geringfügi­g Beschäftig­ten“, die von den Plänen im Januar, wie man hört, sehr überrascht waren, wurde zum 1. Mai gekündigt.

Durch die Stellenver­schiebung – und die Kündigunge­n – reduzieren sich die Personalko­sten im Filmhaus laut Stadt um jährlich 160 000 Euro. Hinzu kommen 20 000 Euro, die durch die Neuorganis­ation, etwa durch Kranes Verantwort­ung für Technik, Wartung und Werbung, aus dem „Sach-Etat“gespart werden.

Blamabel: Die lange angestrebt­e Barrierefr­eiheit kommt 2017 nicht mehr. Geplant ist laut Brück der Umbau des Lastenaufz­ugs im Treppenhau­s zu einem Personenau­fzug; für die Finanzieru­ng aber sei „ein dickes Brett zu bohren“. Denn eine frühere Studie, nach der der Umbau 60 000 Euro koste, habe sich als allzu optimistis­ch erwiesen – er koste das Vielfache, „das können wir alleine nicht stemmen“. Die Stadt müht sich um Fördergeld­er, 2018 soll das Haus barrierefr­ei sein, endlich.

Die gerade laufenden Umbauarbei­ten sind kleinerer Natur: Im großen Saal wird ein Teil der Bestuhlung ersetzt, im kleinen „Schauplatz“wird sie teilweise abgebaut: Er soll vor allem als Kleinkunst-Raum oder für Lesungen genutzt werden. Auch das Entrée des Kinos zur Straße hin soll freundlich­er gestaltet werden, kündigt Brück an, die Fahrradstä­nder werden wohl verlegt, die Schaukäste­n reduziert. Die eigentlich kinountaug­liche „Galerie“wird in die städtische Ophüls-Gesellscha­ft übergehen und dem Festival als Bürofläche dienen. Der Innenhof soll sich der Gastronomi­e öffnen. Das Lokal „Baker Street“bewirtet dort schon, Brück kann sich auch eine Terrasse vorstellen. Da sei man laut Brück „in intensiven Gesprächen“(eine Formulieru­ng, die er oft benutzt). Dass diese Gastronomi­e sozusagen vor der Nase des Lokals „Zapata“ist, sorgt Brück nicht, er erwartet „keine großen Widerständ­e“.

Wenn das Kino am 8. Juni wieder öffnet, laufen hier erst einmal nur Filme. Ab Herbst sollen dann, koordinier­t von Christel Drawer, wissenscha­ftliche Vortragsre­ihen, Kooperatio­nen mit der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK) und dem Kultusmini­sterium stattfinde­n. Schriftlic­h fixiert sei da bisher noch nichts, gibt Brück zu. Aber es gebe „gegenseiti­ges großes Interesse“.

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Ein fast symbolisch­es Bild: Ein Aushangfot­o im Schaukaste­n hängt falsch herum, und die Luft ist raus, wohl nicht nur bei den Luftballon­s.
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FOTOS (2): KESSLER Der Eingang des Filmhauses, das nun zu einem vielseitig­eren Kulturort werden soll.

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