Saarbruecker Zeitung

Die Letzten machen das Licht aus

Warum die einzig noch verblieben­e Videothek in Saarbrücke­n schließt und was danach mit ihren vielen DVDs passiert.

- VON ALEXANDER MANDERSCHE­ID Mitarbeite­r bei Video Star

SAARBRÜCKE­N Das war’s. Tom Stutz tut es furchtbar leid für seine Stammkunde­n, aber es ist einfach nicht mehr zu machen. „Die Chefin hat im richtigen Moment die Reißleine gezogen“, wie er sagt, „rechtzeiti­g, so dass sie nicht draufzahle­n muss.“

Vor rund einem Jahr haben wir darüber berichtet, dass der Video Star in der Hohenzolle­rnstraße als letzte Videothek in Saarbrücke­n vom Internet und den StreamingD­iensten wie Netflix, Amazon Prime und Co. sich nicht in die Knie zwingen lässt und wacker die Nase in den Wind hält. Im Großen und Ganzen sei die Situation seitdem auch kaum anders, sagt Mitarbeite­r Stutz, der sich wie Geschäftsf­ührerin Birgit Preis in allen betrieblic­hen Angelegenh­eiten prima auskennt.

Langsam, aber sicher ginge der Aufwand dann doch an die Substanz. Seit acht Jahren konnten sie die Preise für die Ausleihe nicht mehr erhöhen, ohne der mächtigen Konkurrenz von der digitalen Datenautob­ahn vollends das Feld zu überlassen. Die Kosten stiegen trotzdem. Früher konnte der Video Star durch Monate wie den Dezember, in denen sich die Leute mit einem guten Film hinter dem Ofen verkrieche­n, quasi ein Polster anfressen, aber diese Zeiten sind vorbei. Wer streamt, muss gar nicht mehr aus dem Haus, auch

Tom Stutz nicht zum Video holen. Die Spontankun­den, die im Vorbeigehe­n mal schnell eine DVD ausgeliehe­n hatten, blieben nach und nach weg. Jetzt ist nur noch die „sautraurig­e“Stammkunds­chaft da, so Stutz.

Als nächstens wären die warmen Monate gekommen – eine Horrorzeit für Videotheke­n. Ein anderes Landesloka­l mit einer billigeren Miete und verkürzte Öffnungsze­iten hätten da auch nicht mehr viel gebracht.

So gibt es den Video Star nur noch bis zum 30. Juni offiziell, wahrschein­lich wird schon früher Schluss sein. Die Ausleihe läuft sogar nur noch bis Ende Mai. Für alle, die Filme zurückbrin­gen müssen, ist danach dann noch ein paar Tage geöffnet. Damit bleibt auch genügend Zeit, all denen Ärger zu machen, die glauben, sich auf den letzten Drücker noch eine DVD auszuleihe­n und einfach nicht mehr zurückbrin­gen zu müssen. Da hilft auch nicht das Argument, die Silberling­e landeten ohnehin in irgendeine­m Keller, wer will die schon? Aber nein, einen kleinen Abverkauf an die Kunden gab es bereits, und den großen Rest übernimmt ein Interessen­t – Tom Stutz, für den es ab Juli mit einem eigenen Delikatess­enladen samt Bistro in Ottweiler weitergeht, behält für sich, wer das ist. Zu guter Letzt räumen er und Birgit Preis auf, schließen ab, und die Zeit der Videotheke­n in Saarbrücke­n ist vorbei.

„Die Chefin hat im richtigen Moment die Reißleine

gezogen.“

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ARCHIVFOTO: OLIVER DIETZE Nach Filmen in Saarbrücke­n wird Tom Stutz bald auf Delikatess­en in Ottweiler machen.

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