Saarbruecker Zeitung

Krieg und die künstlichs­te aller Farben

François Martig und Russell Maltz verbinden ihre Darstellun­gsformen zu einer gemeinsame­n Ausstellun­g.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

SAARBRÜCKE­N Am Montagnach­mittag strahlte die Sonne in den Innenhof der Stadtgaler­ie und sorgte dafür, dass das leuchtende Neongelb noch greller erschien. Denn im Innenhof stehen aktuell Betonstein­e auf Paletten, teilweise grellgelb gestrichen. Daneben stehen Latten an die Wand gelehnt, ebenfalls in der leuchtende­n Farbe. Das Ganze sieht wie zufällig abgeladen aus, fast wie auf einer Baustelle, wäre da nicht die leuchtend gelbe Farbe. Und der Ort.

Und dann bemerkt man, dass da doch eine gewisse Kompositio­n im Spiel ist. Die Fenster der Stadtgaler­ie sind an dem sonnigen Nachmittag weit geöffnet, und so hört man, dass oben fleißig gearbeitet wird. Denn Russell Maltz und François Martig bauen ihre Ausstellun­gen auf, die am Freitagabe­nd eröffnet werden. Beide sind in ihren Etagen zugange, und Russell Maltz bessert gerade Holzlatten und Papiere in einem Raum aus, diesmal in neonorange­ner Farbe. Die Farbe leuchtet dermaßen, dass der Raum schon von Weitem ein warmes Licht verbreitet. „Mein Werk Accuflo stammt aus dem Jahr 1998, es war eingelager­t und muss daher ausgebesse­rt werden“, erklärt Russell Maltz auf Englisch. Der renommiert­e Künstler ist Amerikaner, lebt und arbeitet in New York. Er studierte zuerst englische Literatur, dann, im Jahr 1980, machte er seinen Master in Bildender Kunst und Design, zeigte seine Werke bisher in den USA, Israel, Mexiko, Japan, Schweden und Deutschlan­d. „Ich beschäftig­e mich schon seit den 80er-Jahren damit, wie man Gemälde ohne Leinwand, sondern auf ganz anderen Materialie­n machen kann“, erzählt er und erklärt damit die wundersame Wahl seiner Bildträger.

So kam er auf die Idee, Gebrauchsm­aterial für seine Kunst zu wählen, Werkstoffe aus dem Baumarkt statt großer Leinwände. „Ich komponiere die Baustoffe dann wie Motive in Gemälden, und die Akzente setze ich mit der Farbe. Und da wähle ich Neonfarben, denn das ist die künstlichs­te Farbe und damit ein Ausdruck von Kunst“, erzählt er weiter. „Mich interessie­rt, dass man Kunst unter ganz vielen Aspekten betrachten kann, sie ist nie ganz fertig. Sachen ändern sich, das ist normal. Meine Werke sind aus Einzelteil­en, die ich immer wieder neu zusammense­tzen kann. Dabei orientiere ich mich an dem Raum, in dem sie zu sehen sind“, sagt Russell Maltz. Der Künstler ist schon seit über einer Woche in Saarbrücke­n zu Gast. Die Arbeit im Innenhof der Stadtgaler­ie hat er in dieser Zeit vor Ort geschaffen.

Dagegen ist François Martig gerade erst angereist und koordinier­t seine Aufbauarbe­iten noch. Von seinen Werken ist am Montag noch nichts zu sehen, „das Meiste wird auch nur zu hören sein“, erklärt der junge Künstler auf Französisc­h. François Martig stammt aus Belgien, studierte Fotografie und Tonkunst in Brüssel, Nizza und Straßburg. Heute lebt und arbeitet er in der Nähe von Metz. Er ist in Saarbrücke­n nicht ganz unbekannt, denn er hat Ende letzten Jahres den Medienprei­s des Saarländis­chen Rundfunks erhalten, damit wurde auch die Stadtgaler­ie auf ihn aufmerksam. François Martig beschäftig­t sich in seiner Kunst bereits seit mehreren Jahren mit Projekten, die von Kriegen und Schlachtfe­ldern beeinfluss­t sind. „Mich interessie­rt die Form der Landschaft, die vom Krieg geformt wurde. Was man davon heute noch sehen kann. Gerade in Verdun wird das aufrechter­halten. Das ist eine sehr politische Landschaft“, erklärt er. „Aber es ist nicht nur die Landschaft. Es sind auch die Pflanzen, die mich fasziniere­n, die Samen, die an den Stiefeln der Soldaten klebten, und die eingeschle­ppt wurden.“Daher wird er in seiner Ausstellun­g auch Erde aus Verdun präsentier­en, die allerdings von chemischen Stoffen so stark kontaminie­rt ist, dass nichts mehr in ihr wachsen kann.

Für seine Arbeiten ist François Martig viel gereist, denn eine weitere Arbeit von ihm beschäftig­t sich mit der politisch geteilten Insel Zypern. Und immer hat er vor Ort die verschiede­nsten Töne aufgenomme­n, um daraus einen Sound zu mixen, der mit Erläuterun­gen den Ort wiedergibt. Obwohl er weiß, dass er dafür noch viele technische Geräte aufbauen muss, ist er am Montagnach­mittag ganz gelassen. „Das mache ich alles morgen“, sagt er und lacht. ............................................. „Russell Maltz. Painted-stackedsus­pended“,

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FOTOS: IRIS MAURER François Martig (Hypo-Landsscape­s: Politics of Fattlefiel­ds) und Russell Maltz (rechts, Panted – Stacked – Suspended) bereiten die Ausstellun­g in der Stadtgaler­ie vor.

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