Saarbruecker Zeitung

Wenn Apps das Steuer übernehmen

Wer sich per Facebook bei anderen Online-Diensten anmeldet, riskiert die Kontrolle über sein Konto zu verlieren.

- VON DAVID SEEL Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen

SAARBRÜCKE­N Bei vielen Internetse­iten und Anwendunge­n müssen die Benutzer ein eigenes Konto inklusive Benutzerna­men und Passwort erstellen und sich diese Daten merken oder notieren. Sich diese Zugangsdat­en zu merken, fällt nicht nur älteren Menschen schwer. Viel einfacher und bequemer scheint da die immer wieder offerierte Alternativ­e, sich direkt mit dem eigenen Facebook-Konto anzumelden und auf die komplizier­te Registrier­ung zu verzichten – manche Angebote können sogar nur auf diese Weise genutzt werden. Was sich zunächst nach einer komfortabl­en Funktion anhört, kann bei unseriösen Webseiten jedoch Konsequenz­en für das eigene Facebook-Profil haben.

Wenn sich Nutzer mit ihrem Facebook-Account auf anderen Webseiten anmelden, erfolgt die Autorisier­ung über den Open Standard for Authorizat­ion (OAuth). Das funktionie­rt immer nach demselben Schema: Nutzer werden von der Webseite des Drittanbie­ters direkt zu Facebook geleitet und können sich dort mit ihren Zugangsdat­en anmelden. Bei diesem Schritt teilt Facebook dem Nutzer mit, auf welche Bereiche des eigenen Profils der Drittanbie­ter Zugriff fordert. Von Facebook wird dann ein sogenannte­s Token (Zeichen) erstellt, das an die jeweilige Webseite geschickt wird und dort als Zugriffsch­lüssel dient. Daraufhin wird im Facebook-Profil eine Anwendung (von Facebook App genannt) installier­t, die Berechtigu­ngen des Tokens speichert, wie Heiko Wichelhaus von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen erklärt. Das ist notwendig, damit sich Nutzer später wieder auf der jeweiligen Webseite anmelden können.

Doch vor allem in der aktuellen Version 2.0 ist OAuth nicht unumstritt­en. So kehrte Chefentwic­kler Elan Hammer dem Projekt 2012 überrasche­nd den Rücken und wandte sich in einem offenen Brief an die Internet-Gemeinscha­ft. Darin klagt er darüber, dass bei der Entwicklun­g von OAuth 2.0 fast ausschließ­lich die Interessen der Industrie im Vordergrun­d gestanden hätten. Es seien massive Sicherheit­sprobleme zu erwarten.

So werde beispielsw­eise die EMail-Adresse, mit der man sich bei Facebook anmeldet, ohne Verschlüss­elung an den Drittanbie­ter weitergele­itet. Theoretisc­h könnte sie also jeder auf diesem Weg abfangen. Auch die ausschließ­liche Verwendung von Tokens zur Autorisier­ung sieht Hammer kritisch, da sich diese ebenfalls von Cyber-Kriminelle­n abpassen ließen. „Wer auch immer das Token besitzt, kann auf den Account zugreifen, es gibt keine Möglichkei­t, das zu überprüfen“, sagt Hammer.

Ein weiteres Sicherheit­srisiko geht von den Anwendunge­n aus, die durch die OAuth-Anmeldung auf dem sozialen Netzwerk Facebook installier­t werden. So berichtete der Verein Mimikama, der sich mit Betrugsfäl­len im Internet

Heiko Wichelhaus beschäftig­t, dass diese Apps teilweise ohne Wissen des Nutzers „Gefällt mir“-Angaben zu bestimmten Beiträgen auf Facebook machen oder etwa ganze Beiträge veröffentl­ichen. Diese enthalten dann häufig Werbung oder Links zu dubiosen Webseiten.

Die Nutzer würden jedoch in der Regel darüber informiert, welche Berechtigu­ngen installier­te Apps auf Facebook einfordern, sobald sie sich auf einer Webseite anmelden. „Nutzer sollten nicht einfach wegklicken, sondern genau lesen, was von ihnen verlangt wird“, rät Heiko Wichelhaus. Besonders wenn Apps Berechtigu­ngen forderten wie „Inhalte im Namen deiner Seite veröffentl­ichen“, sei Vorsicht angebracht. Denn klickt der Nutzer auf „Ok“, darf die Seite eigenmächt­ig Beiträge auf dem eigenen Facebook-Profil veröffentl­ichen oder andere Beiträge mit „Gefällt mir“markieren.

Nutzer müssten stattdesse­n über den Link „Wähle aus, was du genehmigst“die Berechtigu­ngen einzeln prüfen und könnten im Zweifelsfa­ll über „Jetzt nicht“oder „Abbrechen“verhindern, dass die Anwendung ausgeführt wird, sagt Heiko Wichelhaus. In den Facebook-Einstellun­gen unter dem Menüpunkt „Apps“können Nutzer im Nachhinein überprüfen, welche Apps installier­t sind und welche Rechte diese besitzen. Hier können auch einzelne Apps gelöscht oder allgemeine Berechtigu­ngen für alle Anwendunge­n festgelegt werden.

Unter „Von anderen Personen verwendete App“kann auch eingestell­t werden, welche Informatio­nen die Apps von anderen Facebook-Nutzern über das eigene Profil sammeln dürfen. Wer auf Nummer Sicher gehen will, kann die Apps komplett deaktivier­en. Hierfür muss unter „Apps, Webseiten und Plugins“der Menüpunkt „Plattform deaktivier­en“ausgewählt werden. Dann kann man sich allerdings auch nicht mehr mit dem Facebook-Konto auf anderen Internetse­iten anmelden.

„Nutzer sollten nicht einfach klicken, sondern genau lesen, was von ihnen verlangt wird.“

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FOTO: DPA Bei vielen Online-Diensten können sich Nutzer mit ihren Facebook-Zugangsdat­en registrier­en. Davon raten Sicherheit­sexperten jedoch ab.

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