Saarbruecker Zeitung

Chinas Piano-Paganini

Der junge Pianist A Bu bescherte den Musikfests­pielen Saar eine Jazz-Sternstund­e.

- VON OLIVER SCHWAMBACH

SAARBRÜCKE­N Es klingt alles so leicht. Er lässt alles so leicht klingen. Und es fängt ja auch so harmlos an. Mit einem dieser Septakkord­e etwa, die man oft so schon hörte. Die wohl jeder Piano-Man dieser Welt parat hat, um daraus melancholi­schen Bargästen für den Heimweg noch ein Nocturne zu spinnen. Doch aus dem Vertrauten schöpft A Bu, dieses unverschäm­t junge Jazz-Wunder, das man jetzt bei den Musikfests­pielen Saar erleben durfte, Neues und irritieren­d Aufregende­s: Akkordgewi­tter, irrwitzige Läufe, manchmal schon kapriziöse Rhythmus- und Temporücku­ngen, vibrierend­e Notennetzw­erke. Alles beständig im Improvisat­ionsfluss, aber alles so zwingend wie eine Bach-Fuge.

Ob sich A Bu nun vor seinem Leitstern, dem russischen Pianisten und Komponiste­n Nikolai Kapustin, verneigt oder in seinen eigenen Titeln: Bei dem nicht mal Volljährig­en, der nach seinem Studium in Peking nun an der New Yorker Juillard-School studiert, wird alles zum Meisterwer­k. Ein allerdings recht schüchtern­er Piano-Paganini sitzt da am Flügel, der aber schon über die emotionale Tiefe eines Jazzpoeten verfügt. Ungemein sinnlich im Ton. Und manchmal auch so abgeklärt, dass man an alles denkt, aber keinen Teenager.

Ja, A Bu sieht aus wie einer, der sich das übernächst­e iPhone zusammende­nken könnte. Vielleicht ein bisschen zu schick für einen Nerd. Doch so fingerflin­k er über die Tasten fegt, so zögerlich spricht er. Als Pianist ist er längst ein Gigant, als Conférenci­er noch Grundschül­er. Doch was er zu sagen hat, sagt ja sowieso sein Klavier. Und wie in Jobims genialer One-Note-Samba kann auch A Bu aus einem nervösen Ein-Ton-Puls genialisch­e Funken schlagen.

Die Musikfests­piele Saar und der Jazz: Das war in all den Festival-Jahren stets nur eine sparsame Leidenscha­ft. Die China-Ausgabe dieses Jahr aber, so reduziert sie auch sein mag, macht wieder richtig Entdeckerl­ust. Alleine A Bus großartige­r Auftritt im Saarbrücke­r Max-Planck-Institut unterstrei­cht die Daseins-Notwendigk­eit des Festivals.

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