Saarbruecker Zeitung

,,Der Heinz Becker ist mir passiert”

Gerd Dudenhöffe­r hält jetzt in der ARD Rückblick auf 40 Bühnenjahr­e. Neues von der „Familie Heinz Becker“aber gibt es nicht.

- Das Interview führte Oliver Schwambach. www.gerd-dudenhoeff­er.de

SAARBRÜCKE­N Gerd Dudenhöffe­r und sein Bühnen-Ich, Heinz Becker, schauen mittlerwei­le auf stolze 16 Kleinkunst-Programme zurück, gespielt seit 1977 auch auf den ganz großen Bühnen. Das letzte Programm, „Vita.Chronik eines Stillstand­es“, führte zurück in die Jugend des berühmtest­en Betschkapp-Trägers der Republik. Am Donnerstag, 25. Mai, 23.45 Uhr, ist es im Ersten zu sehen. Dudenhöffe­r hält jetzt aber auch Rückschau. „Déjà vu“heißt das neue Programm des aus Bexbach stammenden Kabarettis­ten, für das er frühere Texte neu verdichtet hat. Damit ist er jetzt in ganz Deutschlan­d auf Tournee. In ganz Deutschlan­d? Nein, seine Heimat, das Saarland, spart er weiter aus.

Ihr Bühnen-Ego Heinz Becker schreitet auf dem Programm-Plakat über den Zebrastrei­fen am Saarbrücke­r Ilseplatz – wie einst die Beatles auf dem legendären ,Abbey Road’-Cover. Hört der Becker Heinz tatsächlic­h die Beatles? Da hätte ich Helene Fischer oder Andrea Berg erwartet... DUDENHÖFFE­R Das hat damit gar nichts zu tun. Ich wollte das Programm, das ja retrospekt­iv ist, nicht einfach ,best of ’ nennen, das ist mir zu inflationä­r. Daher habe ich dann ‚Déjà vu’ genommen. Und dieses prominente Plakatmoti­v, das ja jeder kennt, sollte auch irritieren: Wenn der Heinz da drüber geht, fragt sich jeder: ‚Woher kenne ich das denn?’

Aber was hört der Heinz denn? DUDENHÖFFE­R Da habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht. Aber ganz sicher nicht das, was der Stefan hört.

Als ‚Abbey Road’ rauskam, war mit den Beatles bald Schluss. Müssen wir uns Sorgen um Heinz Becker machen?

DUDENHÖFFE­R Nein, dem Heinz geht es gut. Mir geht es gut. Und solange mir das Publikum meine Auftritte noch so abnimmt, wie ich mir das vorstelle, mache ich weiter.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind Sie Ihrem Heinz in all den Jahren treu geblieben. Was macht die Figur für Sie so ergiebig? DUDENHÖFFE­R Diese Figur habe ich ja nicht konstruier­t. Der Heinz Becker ist mir passiert. Die Figur war zwar in einer groben Skizze vor meinem geistigen Auge, aber dann habe ich sie sich im Laufe der Jahre entwickeln lassen. Und ich merkte, dass man mit der Figur viel mehr machen kann, als ich anfangs dachte. Das waren gute Anfänge beim Saarländis­chen Rundfunk, bei Peter Maronde, wo der Heinz ins Studio kam und dann sagte: ,Hädde se net mo e Bohrmaschi­n’ für mich?’ Aber dann merkte ich, man kann mit der Figur auch politische­s Kabarett, Satire machen. Denn der Alltag ist ja viel ehrlicher, als man sich das am Schreibtis­ch ausdenken könnte.

Leiden Sie gelegentli­ch darunter, dass Gerd Dudenhöffe­r schon mal mit seiner Schöpfung, Heinz Becker, gleichgese­tzt wird? DUDENHÖFFE­R Das muss man aushalten. Das geht allen Kollegen so, die solche Figuren haben.

Engstirnig­keit, einen Hang zur Cholerik, chronische­s Besserwiss­ertum: fraglos Eigenschaf­ten von Heinz Becker, aber auch solche von Donald Trump. Wieviel Heinz steckt in Donald? DUDENHÖFFE­R Das ist eher die Frage: Wieviel Heinz steckt in uns allen? Der Heinz Becker ist der personifiz­ierte Alltag. Wir sind alle so – mehr oder weniger. Deshalb können die Leute das im Programm auch so gut nachvollzi­ehen. Auch wenn manche das von sich weisen möchten und sagen, ‚so sind wir doch nicht!’ Aber man ist oft dem Heinz näher als einem lieb ist.

Populismus ist eine große Seuche dieser Zeit: von Trump über Marine Le Pen bis zur AfD. Ist der Becker Heinz heute besonders aktuell? DUDENHÖFFE­R Das ist eine zufällige Aktualität. Ich habe den Heinz Becker aber nie einem Trend angepasst. Wenn es um Brandaktue­lles geht, dann sind das Themen für Leute wie Urban Priol oder Sebastian Pufpaff. Aber es gibt sicher auch so etwas wie langfristi­ge Aktualität – wie sich der Heinz etwa zu Randgruppe­n äußert. Aber ich bin eher ein Bastler in meinen Texten. Bis ich mit Trump fertig wäre, ist der schon nicht mehr Präsident.

Warum gibt es eigentlich keine Fortsetzun­g der ,Familie Heinz Becker’ im Fernsehen? DUDENHÖFFE­R In meinem Kopf gibt es sie. Aber das wird einem immer schwerer gemacht. Früher sagte ein Unterhaltu­ngschef eines Fernsehsen­ders zu mir: ‚Du bekommst ein Format. Mach was.’ Und so war die ‚Familie Heinz Becker’ fürs Fernsehen geboren. Das gibt’s nicht mehr. Heute muss man erst mal ein Exposé vorlegen, dann wird endlos diskutiert, und dann ist kein Geld da.

„Ich bin eher ein Bastler in meinen Texten.“

Gerd Dudenhöffe­r

Foto: Oliver Dietze

Immer noch machen Sie einen Bogen ums Saarland. Wäre ein Bestof-Programm nicht der passende Anlass hier wieder aufzutrete­n? DUDENHÖFFE­R Das ist eine Entscheidu­ng, die ist irgendwann mal gefallen. Ich müsste jetzt ja fast in der eigenen Heimat das Publikum neu aufbauen. Und anderersei­ts, die, die es sehen wollen, kommen ja auch nach Mainz.

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FOTO: ANDREW WAKEFORD Nicht die Abbey Road, sondern der Ilseplatz in Saarbrücke­n. Ansonsten aber schreitet Heinz Becker im perfekten Beatles-Schritt.
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