Ein magischer Reigen
Yorkston/Thorne/Khan harmonieren als Trio perfekt auf ihrem Album „Neuk Wight Delhi All-Stars“
Jewish Monkeys „High Words“(Greedy for Best Music/Indigo): Man könnte diese Rezension mühelos alleine mit trefflichen Zitaten bestreiten. „AnarchoKlezmer Band“posaunte beispielsweise der Deutschlandfunk, Audio wiederum gefiel, dass hier „Juden wie Nichtjuden mit einer aggressiven Mixtur aus Kabarett und Zirkusmärschen, Zappa-Klamauk und Klezmer-Punk schockiert werden“. Auch der Info-Zettel erfreut sich an Wortschöpfungen wie „Ritter des Absurden“und hält Stücke, die „Alter Kacker“, „Post Midlife Dance“oder „Shprayz Ikh Mir“heißen, für „satirische Befreiungsschläge“. Ja, selbst der Band-Name – der in einigen arabischen Ländern als übles Schimpfwort genutzt wird – ist ja bereits mutigste Selbstironie…. Dass diese Combo „vor allem eine fantastische LiveBand“sei, wie die Süddeutsche weiß, ist jedenfalls zu vermuten. Endlich hat das RudolstadtFestival (ehemals: tff ) James Yorkston zu Gast. Er wurde – neben anderen schottischen Musikern – für den Länderschwerpunkt gebucht. Doch kommt er nicht allein, sondern als Trio mit dem JazzBassisten Jon Thorne und dem indischen Sarangi-Geiger Suhail Yusuf Khan als schräg und unerhört. Selbst der Rezensent dieser Zeitung – immerhin YorkstonFan der ersten Stunde – drückte sich, selten genug, um eine Punktwertung... Seine immense Wirkung entfaltete dieses Album trotzdem sehr nachhaltig, gleichwohl sein Gebrauchswert nicht besonders groß war – weil nämlich das explizit Sperrige trotz näherer Beschäftigung auch auf die Dauer nicht nachlassen wollte.
Nun ist zwar nicht alles anders – im Gegenteil:
(Domino) variiert lediglich jene mit dem Debüt gesetzten Themen – doch ist dieser Nachfolger dennoch von ganz anderem Kaliber. Was wohl insbesondere der mittlerweile großen Vertrautheit geschuldet ist, welche sich diese drei leidenschaftlich freigeistigen Musiker in zahlreichen Sessions und Konzerten erarbeitet haben. So klingt das neue Werk trotz seiner bemerkenswerten InstrumentenKonstellation (Gitarre (wahlweise Klavier), Bass und Geige) wie aus einem Guss.
Und dazu ist selbst jene Tatsache kein Widerspruch, dass alle Akteure nun sehr viel deutlicher ihr eigenes Ding machen, ihre eigene Songhandschrift einbringen, mithin also ihre musikalische
Freigeister: Jon Thorne, Suhail Yusuf Khan und James Yorkston (v. links). Sozialisation preisgeben. Yorkston hat beispielsweise drei Stücke beigesteuert, die jedem Album seines formidablen Back-Kataloges ebenfalls zur Zierde gereicht hätten. „Bales“, „The Blue Of The Whistle“und „The Blues You Sang“sind im Kern bittersüße, sich behutsam vorwärts tastende FolkBalladen, denen wiederum erst die Partner-Beiträge ihre hypnotisierende Wirkung verleihen. Und so dezent und machtvoll zugleich das geschieht, ist schier atemberaubend.
„Samant Saarang/Just A Bloke“koppelt ein indisches Traditional mit einem Brian Eno-Track und wird wie im Rausch dargeboten, bleibt aber trotzdem jederzeit wunderbar entspannt. Was große Kunst ist – und damit natürlich alles andere als schnödes Kunsthandwerk. Die Thorne-Komposition „One More Day“schließlich rundet den außergewöhnlichen Reigen als kleine, so unaufgeregte wie brillante Fingerübung ab. Das was Yorkston/Thorne/Khan in ihrer musikalischen Vision anstellen, wird ja bisweilen als Fusion verkannt. Wer indes die Gelegenheit wahrnimmt, das Trio live zu erleben (zum Beispiel beim Rudolstadt-Festival…) wird schnell erkennen, dass hier Ureigenes, ja: explizit Magisches geschieht.
>> https:// rudolstadt-festival.de/de/
Robyn Hitchcock begeistert auf seinem neuen Album „Robyn Hitchcock“mit psychedelischer Pop-Musik Wenn der einer Promo-CD üblicherweise beiliegende Infozettel mit wenig Worten auskommt, spricht das in der Regel für den Künstler. Und wenn sich eine qualitativ ebenbürtige Kollegen-Schar derart glücklich schätzt, bei Aufnahmen zu partizipieren, ebenfalls.
Gillian Welch, Wilco’s Pat Sansone und Grant-Lee Phillips verehren Robyn Hitchcock gewiss schon lange, vielleicht sogar seit seligen Soft-Boys-Tagen. Überzeugte der Vorgänger „The Man Upstairs“als großartiges Cover-Album, tobt sich der jüngst nach Nashville übergesiedelte Hitchcock nun mit „Robyn Hitchcock“(Yep Roc) wieder köstlich in seinem ureigenen Metier psychedelischer Pop-Musik aus.
Am stärksten gerieten ihm diesbezüglich das wunderbar facettenreich schillernde, sich in einem magisch getriebenen Refrain fokussierende „Mad Shelley’s Letterbox“, das wunderbar zarte, hochmelodische „Sayonara Judge“, das deftig rock’n’rollende, die Saiten hart anschneidende „Time Coast“sowie das mit einer Steel Guitar köstlich countryfizierte „1970 In Aspic“.
Überhaupt hat die Country-Metropole Nashville den Barden hörbar beeinflusst: Der Song „I Pray When I Am Drunk“poltert gar als archetypischer Honky TonkSchunkler mit reichlich Twang ins Ohr. Selbst Hitchcock’s ansonsten messerscharfe, kehlige Stimme verfällt hier in den Genre-typischen Bariton. Der Mann ist womöglich das vergnüglichste Chamäleon unter der Sonne. alh