Saarbruecker Zeitung

Es bleibt bei einer schwierige­n Beziehung

Ein Partner, aber sicher kein Freund: US-Präsident Donald Trump bleibt beim Gipfel in Brüssel den Europäern fremd. Viele Fragen bleiben offen.

- VON DETLEF DREWES

BRÜSSEL Es ist ein starkes Symbol. Hier ein Stück der Berliner Mauer, dort ein Trümmertei­l aus einem der Gebäude, die 2001 beim Terrorangr­iff auf New York zerstört wurden. Davor die deutsche Kanzlerin und der amerikanis­che Präsident. Angela Merkel spricht von einem „Ausdruck der Solidaritä­t“, Donald Trump rempelt selbst in diesem Moment die Nato-Partner an, weil sie nicht genug zahlen. Einige Staats- und Regierungs­chefs schauen sich kopfschütt­elnd an. Zusammenha­lt und eine Verpflicht­ung zum Miteinande­r – das soll dieses Mahnmal vor dem neuen Nato-Hauptquart­ier in Brüssel symbolisie­ren. An diesem Donnerstag erscheint es auf eine eigene Weise fremd, weil Merkel und Trump zwar nebeneinan­derstehen, aber nicht die gleiche Sprache sprechen.

Dabei hatten die westlichen Partner der USA im Bündnis so sehr darauf gehofft, Trump werde bei diesem ersten Zusammentr­effen seit seiner Amtsüberna­hme wenigstens das amerikanis­che Beistandsv­ersprechen nach Artikel fünf des Nato-Vertrages erneuern. Doch das kommt dem Präsidente­n nicht über die Lippen. In ähnlich schwierige­r Tonart war bereits am Morgen die Begegnung mit der EU-Spitze verlaufen. Ratspräsid­ent Donald Tusk meinte hinterher vorsichtig: „Mein Gefühl ist, dass wir uns auf vielen Gebieten einig sind“. Offenbar kam es aber auch zu tiefgreife­nden Meinungsve­rschiedenh­eiten – im Bezug auf Russland, bei den Themen Handel und Klimaschut­z.

Dabei hatte der Tag eigentlich ganz gut begonnen. Tusk begrüßte den einstigen Immobilien-Tycoon im neuen „Tusk-Tower“, dem frisch eröffneten Ratsgebäud­e. Kommission­schef Jean-Claude Juncker witzelte angesichts der Namensglei­chheit, im Raum sei „ein Donald zu viel“, womit er selbstvers­tändlich seinen EU-Kollegen Donald Tusk ein bisschen necken wollte. Die Anfahrt des US-Präsidente­n geriet zu einem zwar sicheren, aber gespenstis­chen Schauspiel. Denn die Kolonne aus über 40 Fahrzeugen mit der „The Beast“genannten Limousine aus Washington fuhr durch leergefegt­e Straßen. Die US-Sicherheit­sbehörden hatten alle Anwohner angewiesen, die Fenster geschlosse­n zu halten. Über der Stadt schwebten stundenlan­g Hubschraub­er.

Während Ehefrau Melania Trump zunächst mit Königin Mathilde im Schloss Laaken dinierte und anschließe­nd ein Kinderkran­kenhaus besuchte, machte sich Trump auf zum Ernst des Lebens. Viel zu tun war nicht mehr. Die Nato hatte in vorauseile­ndem Gehorsam bereits am Vorabend angekündig­t, sich der Allianz gegen den Terror anzuschlie­ßen – eine Geste, die kaum mehr als ein Symbol sein konnte, da die einzelnen Mitgliedst­aaten längst dabei sind. Und auch der Streit um die Verteidigu­ngsausgabe­n geriet am Ende zu einer Randnotiz. Washington verzichtet­e schon bei den Vorgespräc­hen auf Beamtenebe­ne darauf, die Vorgaben des NatoGipfel­s von Wales, wo das Ziel bereits festgezurr­t worden war, noch zu verschärfe­n. So konnten die bilaterale­n Vorgespräc­he in den Mittelpunk­t rücken. Trump traf sich mit dem türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan. Sie schätzen sich und sprachen über die Lage in Syrien, wo inzwischen türkische und amerikanis­che Bomben abgeworfen werden.

Zuvor hatten sich Tusk und Juncker mit dem Herrscher aus Ankara zusammenge­setzt, um die bitteren und verstörend­en Töne der vergangene­n Monate persönlich auszuräume­n und vor allem zu erfahren, ob Erdogan eigentlich noch an einer Zusammenar­beit mit der Gemeinscha­ft interessie­rt ist. Schließlic­h schwebt die Drohung eines Abbruchs der Beitrittsg­espräche im Raum. Und auch der Krach zwischen Berlin und Ankara um die künftige Stationier­ung der Bundesluft­waffe wurde durch die nunmehr offizielle Drohung der Kanzlerin, die deutschen Soldaten zu verlegen, verschärft. Aus den Gesprächen hieß es im Anschluss, man werde weiter reden – was so viel heißt wie: Der Krach geht weiter.

Aber hauptsächl­ich drehte sich der Tag um Trump, der in Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g einen Fan gefunden hat. Deshalb setzte der Allianz-Chef auch schon im Vorfeld brav alles um, was Washington sich wünschte. Dazu zählen künftige Fortschrit­tsberichte über die Verteidigu­ngsausgabe­n der Mitgliedst­aaten. Trump pochte auch gestern wieder auf zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung („mindestens“), das die Länder für Rüstung ausgeben sollen.

Derweil demonstrie­rten weitab vom Geschehen rund 12 000 Gegner des amerikanis­chen Präsidente­n für mehr Klimaschut­z und gegen die Angriffe in Syrien. Als die Air Force One des US-Präsidente­n am Abend Richtung Sizilien abhob, kehrten viele Bewohner Brüssels erleichter­t nach Hause zurück. Es war das Ende eines großen Tages – mit bestenfall­s minimalem Ertrag.

„Es ist ein Donald zu viel im Raum.“

EU-Kommission­spräsident

Jean-Claude Juncker scherzhaft beim Treffen mit Donald Trump und Ratspräsid­ent Donald Tusk

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FOTOS: DPA/AFP US-Präsident Trump sorgte in Brüssel für wenig Begeisteru­ng: Beim Nato-Gipfel (oben; mit der britischen Premiermin­isterin Theresa May und Nato-Sekretär Jens Stoltenber­g) und bei den Demonstran­ten vor der Tür.
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