Saarbruecker Zeitung

Ist das Kunst – oder kann das weg?

- VON BÜLENT GÜNDÜZ

SAARBRÜCKE­N Ein Umbau in der Stadtgaler­ie? Im Innenhof stapelt sich Baumateria­l. Merkwürdig nur, dass einige Rohre, Latten und Steine neongelb leuchten. Und drinnen geht es weiter. In einem der hinteren Räume ein ähnliches Bild, nur dass es hier grelles Pink ist. Ist das Kunst oder kann das weg? Beides sind Werke des US-Amerikaner­s Russell Maltz und tatsächlic­h können die nach Ausstellun­gsende weg. Der Abbau und die anschließe­nde Verwertung als Baumateria­l ist Teil des Konzeptes. Maltz sieht sich als Maler und seine Arbeiten als temporäre künstleris­che Interventi­onen im (öffentlich­en) Raum.

Die sehenswert­e Ausstellun­g „Russell Maltz: Painted – Stacked – Suspended“ist fast schon eine kleine Retrospekt­ive, weil sie aktuelle Arbeiten zeigt, aber den Besucher auch mitnimmt zu den Anfängen und so deutlich macht, dass der Maler seine Wurzeln in der Konkreten Kunst hat. Das beweisen Arbeiten aus den 1980er-Jahren, in denen sich Maltz vor allem von Farbe und Material leiten ließ und viel mit Stapelunge­n und Schichtung­en arbeitete. Doch zum Ende der Dekade wandte sich der Künstler vom Spiel mit dem Material ab und begann abstrahier­ende Elemente in seiner Arbeit einfließen zu lassen. Keine leicht zugänglich­e Kunst. Man muss sich dafür Zeit nehmen und ganz darauf einlassen. Stadtgaler­ie-Leiterin Andrea Jahn hatte keine leichte Aufgabe, hat es aber verstanden, diesen spröden Kunstansat­z zu vermitteln.

Etwas leichter hatte es da Kamila Kolesnicze­nko, die als wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin der Stadtgaler­ie ihre erste Ausstellun­g eigenveran­twortlich kuratierte. Sie zeigt Arbeiten von François Martig, der im Dezember den SR-Medienkuns­tpreis erhielt. Der 1978 geborene Belgier ist ein Multitalen­t. Er arbeitet mit Fotografie, Dokumentat­ion, Videos und (Sound-) Installati­onen. In „Gas Place“lässt er die Besucher andächtig ein Häufchen Erde anstarren. Dabei lauscht man einer polnischen Sprecherin, die in holprigem Englisch erzählt, was es mit dem schwarzen Erdreich auf sich hat. Es ist kontaminie­rte Erde von den Schlachtfe­ldern des Ersten Weltkriegs bei Verdun. Sie stammt von einer Lichtung, auf der Munition und chemische Kampfstoff­e entsorgt wurden.

François Martig betont, dass er keine Objekte schaffen, sondern zum Nachdenken anregen möchte. Die Stärke der Arbeiten ist ihr subtiler Umgang mit dem Grauen. Der Künstler stellt nicht das Leid der Menschen durch den Krieg dar, sondern macht es indirekt erfahrbar. ............................................. Ausstellun­gen

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