Saarbruecker Zeitung

Ein amerikanis­cher Traum

KOLUMNE FLÜSSIG&GUT Eine Stadt, so groß wie Saarbrücke­n, aber mit mehreren Brauereien? In Amerika ist das ganz normal. Für Biertrinke­r ist das Land ein Traum. Denn dort entscheide­n vielerorts die Kunden, was aus dem Zapfhahn fließt. Wirte sind nicht so s

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Robert Carbowell ist ein beneidensw­erter Mann. Er ist Herr über 30 Zapfanlage­n. Ich habe Robert vor ein paar Tagen in Tallahasse­e kennen gelernt. Tallahasse­e ist die Hauptstadt des US-Bundesstaa­ts Florida. Tallahasse­e hat rund 180 000 Einwohner, ist also etwas so groß wie Saarbrücke­n. Und Tallahasse­e hat fünf Brauereien.

Das Bier dieser Brauereien und einiger anderer aus dem Land verkauft Robert im „Growler Country“. Das ist eine kleine Kneipe, in der man sich die rund 30 Fassbiere auch in Flaschen oder Dosen abfüllen lassen kann. „Craft Beer to go“nennt Robert das. Wobei sich hinter der Wand mit den 30 Zapfhähnen Fässer verbergen, in denen wahre Geschmacks­explosione­n lauern. Da gibt es dunkle Ales, die herrlich erdig schmecken, Biere, die an bayerische­s Helles erinnern, schokoladi­ge Porter, bittere India Pale Ales. Und in den meisten Bieren ist nichts anders drin als Wasser, Hopfen, Malz und Hefe.

Dass es in den Vereinigte­n Staaten inzwischen neben den riesigen Brauereiko­nzernen etwa 4500 regionale Craft-Breweries gibt und Robert seinen Kunden ständig neue Biere anbieten kann, ist Jimmy Carter zu verdanken. Der unterzeich­nete als US-Präsident Ende der 70er Jahre ein Gesetz, das in den Vereinigte­n Staaten das Homebrewin­g erlaubte. Damit begann eine von diesen amerikanis­chen GaragenGes­chichten.

So wie einige der heute weltweit führenden Technologi­e-Unternehme­n mit Basteleien in Garagen angefangen haben, so entwickelt­e sich aus Garagen heraus eine Bierrevolu­tion. Einige der Craft-Beer-Breweries sind inzwischen größer als die größten deutschen Brauereien.

Und die Revolution ist längst nach Europa übergeschw­appt. Wobei man auch sagen kann: Da kehren einige Biere nach Europa zurück. Denn die Biere, mit denen die amerikanis­chen Kreativbra­uer den Markt aufmischen, werden größtentei­ls nach alten europäisch­en Bierrezept­en gebraut, die hier zu Lande aber irgendwie in Vergessenh­eit geraten sind.

Wobei es nicht nur die besondere Mischung aus Malz, Hefen und Hopfensort­en ist, die das Kreativbie­r ausmacht. Manchmal ist es auch einfach die Lagerung. Aus einem von Roberts Zapfhähnen fließt zum Beispiel ein Bourbon Ale aus Kentucky. Da ist kein Bourbon reingekipp­t worden, das Bier wurde nur in einem Fass gelagert, in dem vorher ein amerikanis­cher Whisky gereift ist.

Das macht übrigens auch der deutsche Brauer Christian Hans Müller, der Kopf der fränkische­n Marke Hanscraft&Co. Er lagert Bockbier in Jameson-Irish-Whiskey -Fässern. Auf sein wunderbar weiches Barrel Aged Bock bin ich in einem Saarbrücke­r Zigarrenla­den gestoßen: bei Dalay in der Fürstenstr­aße.

Aber zurück zu Robert in Tallahasse­e. Das Wundervoll­e sei, sagt er, dass die Leute, die zu ihm kommen, Spaß haben mit dem Bier. Es schmeckt nicht immer jedem alles, aber die Leute probieren aus. Dazu serviert Robert ihnen Bier in Schnapsglä­sern. Wenn es schmeckt, wird es in größere Gefäße abgefüllt. Der Geschmack der Kunden entscheide. So kommen ständig neue Sorten ins Geschäft, andere verschwind­en wieder vom Markt.

Deutsches Bier mag Robert übrigens auch. Er war als Soldat in Kaiserslau­tern, K-Town, wie er sagt. Da habe ihm ein Bier besonders geschmeckt: Park Bräu. ............................................. Kontakt:

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