Saarbruecker Zeitung

Mit saarländis­cher Hilfe in die Weltspitze

Siebenkämp­ferin Claudia Salman-Rath will sich in Götzis für die WM qualifizie­ren. Seit wenigen Tagen lebt die 31-Jährige in Saarbrücke­n.

- VON KAI KLANKERT

SAARBRÜCKE­N Wenn Claudia Salman-Rath an die letzten Tage denkt, spürt sie einfach nur „eine unglaublic­he Erleichter­ung. Ich bin dankbar, dass alles so schnell und unkomplizi­ert geklappt hat und ich mich jetzt auf den Sport konzentrie­ren kann“, sagt die Weltklasse-Siebenkämp­ferin über ihren Umzug nach Saarbrücke­n – wenige Tage vor ihrem WM-Qualifikat­ons-Wettkampf an diesem Wochenende in Götzis.

Seit vergangene­r Woche wohnt die 31-Jährige an der HermannNeu­berger-Sportschul­e, im Haus der Athleten. „Ich bin zum ersten Mal in einer Art Internat, das ist schon cool“, sagt Rath: „Ich bin unter Sportlern, und das hält einen jung. Ich fühle mich sowieso jünger als ich bin.“

Dass es die Mehrkämpfe­rin im Jahr nach den Olympische­n Spielen in Rio de Janeiro, die sie auf Rang 14 abschloss, ins Saarland verschlägt, war so nicht geplant. Ihr Trainer Jürgen Sammert musste aus gesundheit­lichen Gründen kürzer treten, „und da wurde im Deutschen Leichtathl­etik-Verband für mich die Entscheidu­ng getroffen, nach Saarbrücke­n zu gehen. Zu Uli Knapp“, sagt Rath. Den Weitsprung-Bundestrai­ner kennt sie, sie schätzt ihn aus gemeinsame­n Trainingsl­agern – und der Zusammenar­beit bei den Hallen-Europameis­terschafte­n im März in Prag, wo sich Rath mit einem Rekordspru­ng auf 6,94 Metern nicht nur Bronze sicherte – sondern auch weltweite Aufmerksam­keit. Schließlic­h ist sie „nur“eine Mehrkämpfe­rin, keine Spezialist­in. „Das war einfach ein perfekter Wettkampf, ein perfekter Sprung unter perfekten Bedingunge­n“, erinnert sie sich.

Mit Knapps Unterstütz­ung („für mich ist das die beste Lösung“) soll es nun auch in anderen Diszipline­n vorangehen. Unter der Woche arbeiten sie gemeinsam in den Einheiten an der HermannNeu­berger-Sportschul­e, an den Wochenende­n fährt Rath nach Hause, nach Frankfurt, zu ihrem Mann Oliver. Der wäre sogar direkt ins Saarland mitgekomme­n, hätte er nicht gerade eine Promotions­stelle angetreten. „Aber vielleicht verlieben wir uns ja ins Saarland und bleiben dauerhaft hier. Mir wird es zumindest leicht gemacht, mich hier wohl zu fühlen. Und zwei bis vier Jahre will ich schon bleiben“, sagt Rath, die für Eintracht Frankfurt startet.

Die 31-Jährige ist gelernte Erzieherin für Behinderte, hat auch ein Studium „Soziale Arbeit“begonnen. Seit 2010 ist sie über die Sportförde­rgruppe der Bundeswehr abgesicher­t. „Es ist ein angenehmes Leben, sein Hobby zum Beruf machen zu können. Das will ich tun, so lange es geht“, sagt Rath, die sich sportlich klare Ziele gesetzt hat. Im Mehrkampf-Mekka Götzis will sie am Wochenende die WM-Norm (6200 Punkte) abhaken, um sich dann gezielt auf die WM im August in London vorbereite­n zu können. 2018 lockt die Heim-EM in Berlin. „Ich will unbedingt erleben, im eigenen Stadion zu stehen. Das fehlt mir noch in meiner Karriere“, sagt sie.

Die Karriere der Neu-Saarländer­in ist die einer Spätzünder­in. Erst mit 24 Jahren nimmt sie erstmals an einer internatio­nalen Meistersch­aft teil – und startet dann durch. 2012 verpasst sie die Olympia-Teilnahme trotz erfüllter Norm knapp (drei andere Deutsche sind besser als sie), 2013 wird dann ihr Jahr. Bei der WM in Moskau stellt Rath ihre bis heute gültige Bestleistu­ng auf, 6462 Punkte, und wird Vierte. „Das hatte ich nie zu träumen gewagt“, sagt sie und glaubt danach, sie könne „die Welt einreißen“. Die neue Erwartungs­haltung macht ihr einen Strich durch die Rechnung, „ich war plötzlich mit allem unzufriede­n“. Doch Rath findet zu sich zurück, wird bei der EM 2014 Achte, bei den Spielen 2016 14. – und greift jetzt dank neuer Reize, der Arbeit mit Knapp und dem Umzug ins Saarland, erneut an.

„Ich will die Atmosphäre in den Stadien genießen. Dafür trete ich an. Nicht, um andere zu schlagen“, sagt sie. Das soll auch in Götzis so sein. „Ich weiß, was ich tun muss, um die Norm zu schaffen“, sagt Rath. Läuft alles normal, dürften sie, Carolin Schäfer und Jennifer Oeser die sein, die Deutschlan­d bei der WM in London vertreten werden. Dort will Rath ihre Bestleistu­ng toppen, „und wenn es nur um einen Punkt ist“.

Dafür arbeitet sie mit Knapp vor allem an ihren Schwächen im Kugelstoße­n und Speerwurf. Bei letzterem hat Knapp schon Boris Obergföll, früher Henry, zu einem Weltklasse-Athleten mitgeformt. Rath weiß das. „Ich werfe seit acht Jahren konstant um die 40 Meter. Ich hoffe, dass ich für ihn kein hoffnungsl­oser Fall bin“, sagt sie und lacht: „Aber Uli sagt, dass wir das bis London hinkriegen.“

Gestern ist Rath nach Österreich aufgebroch­en – gemeinsam mit ihren Eltern. Und hat dank einer „glorreiche­n Idee meiner Mutter“den Vatertag auf einer Raststätte gefeiert. Mit einem Einweg-Grill und der Familie ihrer Schwester, die extra noch dazustieß. Heute geht es mit den Startern in Götzis hoch in die Berge, zum traditione­llen Apfelstrud­el-Essen am Tag vor dem Wettkampf. Eine Woche bleibt Rath in Österreich, dann kommt sie zurück in ihre neue Heimat. „Hoffentlic­h mit der WMQualifik­ation in der Tasche“, sagt sie. Es könnte die zweite „unglaublic­he Erleichter­ung“innerhalb weniger Tage folgen.

 ?? FOTO: SCHLICHTER ?? Weltklasse-Siebenkämp­ferin Claudia Salman-Rath lebt seit wenigen Tagen in Saarbrücke­n. In einer der letzten Trainingse­inheiten vor Götzis arbeitete die 31-Jährige an der Sportschul­e an ihrer Hürdentech­nik.
FOTO: SCHLICHTER Weltklasse-Siebenkämp­ferin Claudia Salman-Rath lebt seit wenigen Tagen in Saarbrücke­n. In einer der letzten Trainingse­inheiten vor Götzis arbeitete die 31-Jährige an der Sportschul­e an ihrer Hürdentech­nik.

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