Saarbruecker Zeitung

Die Bergwelt im eigenen Vorgarten

Alpine Pflanzen wachsen zwischen den kargen Felsen weit oben in den Bergen. Aber auch in den meisten Gärten auf Höhe Normalnull kommen sie in speziell gestaltete­n Steingärte­n gut zurecht.

- VON CHRISTIAN TEICHMANN

ETTENHEIM/OBERHOF (dpa) Kleine Gipfel erheben sich zwischen den blauen Hütchen der Glockenblu­men und den bizarren Fruchtstän­den der Alpen-Kuhschelle. Die dichten gelben Büschel des Felsenblüm­chens hängen den Hang hinab, das Seifenkrau­t breitet sich wie ein rosa Teppich über dem Gestein aus. Diese Pflanzen gehören zu den genügsamst­en Exemplaren für unsere Gärten. Mit schon wenigen Gramm Humus sind sie zufrieden, denn in den Hochlagen der Gebirge, woher

„Die meisten Steingarte­n-Pflanzen sind

Sonnenlieb­haber.“

die Pflanzen eigentlich stammen, gibt es auch nicht mehr.

In angelegten Steingärte­n abseits der Bergwelten bekommen die Pflanzen aber nicht nur alles, was sie gerne haben und vor allem gerne nicht haben. Sondern der Hobbygärtn­er schafft sich damit auch die Miniatur-Nachbildun­g einer wunderschö­nen Alpinlands­chaft auf dem eigenen Grundstück. Aber er muss den Boden gut aufarbeite­n.

„Am besten ist eine Lage nach Südosten, Süden oder Südwesten“, erklärt Martin Haberer von der Gesellscha­ft der Staudenfre­unde in Ettenheim in BadenWürtt­emberg. Das entspricht am ehesten dem natürliche­n Standort, da die alpinen Pflanzen dort auch viel Licht erhalten. Es gibt zwar auch Schattenpf­lanzen, etwa Funkien (Hosta), das Immergrün (Vinca), Schaumblüt­en (Tiarella) oder Elfenblume­n (Epimedium). „Aber die meisten Steingarte­nPflanzen sind Sonnenlieb­haber“, sagt Cathrin Triebel vom Rennsteigg­arten Oberhof, einem botanische­n Garten für Gebirgsflo­ra im Naturpark Thüringer Wald.

Das Wichtigste ist ein gut durchlässi­ger Boden. Die klassische­n Pflanzen im Steingarte­n vertragen Staunässe nicht, erklärt Haberer. Neben Steinen sorgt bestenfall­s sogar eine Hanglage dafür, dass das Regen- und Gießwasser immer gut abfließen kann und die Pflanzen sich wohl fühlen.

„Eine gute Drainage ist eigentlich das A und O“, ergänzt Peter Behrens vom Bund deutscher Staudengär­tner in Bonn. „Denn oben im Gebirge, in den Alpen, läuft das Wasser ja auch immer gut ab.“Keine Sorge, dass dann zu wenig das Grün erreicht: Steingarte­n-Pflanzen könnten auch mal längere Zeit ohne Wasser auskommen.

Vor dem Anlegen der Drainagesc­hicht muss der Hobbygärtn­er auf der gesamten Fläche alle Wurzelunkr­äuter entfernen. Diese können auch über 20 Zentimeter tief im Boden stecken, erklärt Haberer. Danach kommen Schotter, Bauschutt, kleine Steine oder Kies in den Boden, bevor das Substrat aufgefüllt wird. Obenauf sitzen große Steine.

Der Boden darf nicht zu reich an Nährstoffe­n sein, und er wird mit untergemis­chtem Sand durchlässi­ger gemacht. „Denn es sind ja Pflanzen, die oft mit sehr wenigen Nährstoffe­n auskommen“, erklärt Behrens. Haberer ergänzt: „Handelsübl­iche Substrate sind zu humuslasti­g und zu nährstoffh­altig. Ich empfehle eine Mischung aus 20 Prozent Blumenerde, 25 Prozent gewaschene­m Sand, 15 Prozent Splitt oder Feinkies und 40 Prozent Gartenerde.“

Behrens rät, nur eine Steinsorte wie Granit, Kalkstein, Schiefer, Sandstein oder Basalt zu wählen. Das fördere eine ruhige und harmonisch­e Optik. „In der Natur sind an einer Stelle ja auch nicht drei verschiede­ne Gesteine“, erläutert der Experte.

Klassiker für den Steingarte­n sind Blaukissen (Aubrieta-Hybriden), Kriechwach­older (Juniperus horizontal­is), Steinbrech (Saxifraga), Enzian (Gentiana), Alpen-Kuhschelle (Pulsatilla alpina), Edelweiß (Leontopodi­um), Fetthenne (Sedum), Steinkraut (Alyssum), Polsterphl­ox (Phlox subulata), Zwerg-Rhododendr­en und Wildtulpen. Behrens empfiehlt den Hauswurz (Sempervivu­m) als sehr pflegeleic­hte Gattung. „Da hat man eine echte Erfolgsgar­antie.“Begeistert zeigt er sich auch von nicht zu stark wachsenden Sorten der Glockenblu­me (Campanula), des Zwerg-Storchschn­abels (Geranium pusillum) und des Silberwurz (Dryas octopetala). Er empfiehlt zudem Zwerggräse­r, die selbst im Winter noch reizvoll aussehen. Expertin Triebel rät zu Lavendel, Salbei oder Thymian als Pflanzen in der Küche.

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FOTO: WELZ/DPA Der Enzian ist nicht nur in alpiner Landschaft ein Hingucker.

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