Saarbruecker Zeitung

Kitas müssen Impf-Muffel künftig melden

Um den Impf-Schutz von Kindern zu verbessern, macht die Bundesregi­erung mehr Druck auf die Eltern. Kinderärzt­e im Saarland sehen das kritisch.

-

BERLIN/SAARBRÜCKE­N (afp/kna/ koj) Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe (CDU) will mit einem neuen Gesetz die Regeln fürs Impfen deutlich verschärfe­n. Unter anderem sollen Kitas verpflicht­et werden, das Gesundheit­samt zu benachrich­tigen, wenn Eltern den erforderli­chen Nachweis über eine Impf-Beratung nicht vorlegen. Nächsten Donnerstag soll der Bundestag die Reform verabschie­den.

Bereits 2015 war eine verpflicht­ende Impf-Beratung vor Aufnahme eines Kindes in eine Betreuungs­einrichtun­g eingeführt worden. Wer sich hartnäckig verweigert, dem kann das Gesundheit­samt schon jetzt ein Bußgeld von 2500 Euro aufbrummen. Kitas müssen die betreffend­en Eltern bislang aber nicht an das Gesundheit­samt weitermeld­en. Der neue Gesetzentw­urf sieht das jetzt zwingend vor.

„Dass noch immer Menschen an Masern sterben, kann niemanden kalt lassen“, sagte Gröhe zur Begründung. Die neuen Regeln versetzten die Gesundheit­sämter in die Lage, gezielt auf Eltern zuzugehen. Es brauche „mehr als Appelle“, um den Impfschutz zu verbessern, betonte der Minister. Das neue Gesetz ziele nicht unbedingt auf Impf-Gegner, so eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums. Man wolle vielmehr jene Familien erreichen, die die Impfungen vergessen oder weiteren Beratungsb­edarf hätten. Zudem gebe es auch viele Erwachsene mit Impf-Lücken. Diese könnten nach einer entspreche­nden Beratung ihren Schutz verbessern. Erst am vorigen Wochenende war eine 37-Jährige in Essen an einer Masern-Infektion gestorben.

Ärzte und Politiker fordern seit Jahren mehr Immunisier­ungen und stärkere Kontrollen. Eine Impf-Pflicht ist jedoch aus juristisch­en Gründen umstritten. Auch künftig soll daher jeder Bürger frei über eine Impfung entscheide­n können. Josef Mischo, Präsident der saarländis­chen Ärztekamme­r, pocht auf das Selbstbest­immungsrec­ht des Einzelnen. Dies umfasse „auch das Recht zu sterben“, sagte er zur SZ. Kindern eine Impfung zu verweigern, sei dagegen „absolut unverantwo­rtlich“. Die Kammer stehe deshalb hinter dem Gesetzentw­urf, betonte Mischo.

Kritischer sehen die saarländis­chen Kinder- und Jugendärzt­e den Vorstoß. Das Gesetz gehe zwar in die richtige Richtung, nämlich den Impf-Schutz zu verbessern, sagte Verbandsch­ef Karl Stiller auf Anfrage. Die Umsetzung überzeugt ihn jedoch nicht: „Statt die Eltern mit einer Geldbuße zu bestrafen, sollte sich Herr Gröhe lieber zusammen mit den Krankenkas­sen beraten, wie die ImpfPräven­tion besser finanziert werden kann“, sagte er. Derzeit werde eine Impfung mit 7,22 Euro honoriert. Angemessen sei ein Betrag von 32 Euro – Beratung inklusive.

 ?? FOTO: FOTOLIA ?? So ein Piekser bringt manche Eltern in Gewissensn­ot.
FOTO: FOTOLIA So ein Piekser bringt manche Eltern in Gewissensn­ot.

Newspapers in German

Newspapers from Germany