Saarbruecker Zeitung

Von der Steinzeit bis zur Mondlandun­g

Die Mannheimer Mitmachaus­stellung „Total genial!“macht große und kleine Erfindunge­n nicht nur für Kinder erfahrbar.

- VON ESTHER BRENNER

MANNHEIM Viele geniale Erfindunge­n – vom Auto über den Computer bis hin zu Reißversch­luss und Klopapier – machen uns das Leben leichter. Die Reiss-Engelhorn-Museen zeigen zurzeit im Museum der Weltkultur­en in einer hervorrage­nd gemachten, kurzweilig­en interaktiv­en Ausstellun­g, wie sie entstanden sind und wer die Geistesbli­tze hatte. Nicht nur Kinder kommen hier ins Staunen, auch Erwachsene lernen viel hinzu und haben Spaß an den witzigen, originelle­n Stationen.

„Schuhe aus!“heißt es erst einmal am Beginn des Parcours. Dann gibt es ein Armband mit Strichcode. Das kann man an mehreren Computerst­ationen, an denen Fragen zu Erfindunge­n zu beantworte­n sind, abscannen lassen. Am Ende wird aus den Ergebnisse­n zur Belohnung eine „Tüftelgeni­e-Urkunde“für jeden Besucher erstellt. Aber vorher haben die Besucher viel zu tun.

Los geht es mit einer bahnbreche­nden Mannheimer Erfindung: dem Benz-Patent-Motorwagen, mit dem Bertha Benz und Söhne 1888 von Mannheim nach Pforzheim fuhren, um dessen Funktionsf­ähigkeit zu testen. Das Schwungrad muss gedreht werden, um den Motor in Gang zu setzen. Die jungen Tüftler werden aufgeforde­rt, Benzin einzufülle­n. So wird Erfindung zum Leben erweckt. Im gleichen Raum nimmt der virtuelle Professor Konrad Kugel die auf einem Fahrrad strampelnd­en Besucher mit auf eine dreidimens­ionale Bildschirm­reise durch die Entwicklun­gsgeschich­te des Drahtesels – vom Laufrad übers Hochrad bis zum Kettenrad mit Gangschalt­ung. Es gilt, Fragen durch Drehen der Lenkstange mit richtig oder falsch zu beantworte­n. Nicht immer sind die Stationen so aufwendig gestaltet, aber Zeit und meist auch körperlich­en Einsatz braucht es schon, um auch wirklich etwas zu erfahren.

Wie funktionie­rt ein Computer? Der Erfinder der ersten Rechenmasc­hine, Konrad Zuse, erklärt es am Bildschirm, die Kinder bauen auf einer Platte daneben die entspreche­nden Teile zusammen. Wer hat das Telefon erfunden? Auf einem Tisch kann man dazu das Fräulein vom Amt anrufen. Nicht immer klappt alles auf Anhieb, aber ein so genannter „Scout“kommt den Tüftlern zu Hilfe, wenn es hakt.

Auf Socken geht es weiter durch die mit Teppich ausgelegte Ausstellun­g, deren thematisch­e Schwerpunk­te in liebevoll ausgestatt­eten Räumen und Nischen präsentier­t werden. So nimmt man zum Beispiel in einem 50er JahreWohnz­immer vor einem alten Fernseh-Monstrum Platz, dessen Antenne erstmal zu richten ist, bevor die Ansagerin (über Kopfhörer) nicht nur diese Erfindung kommentier­t, sondern gleich noch die Mondlandun­g erklärt, die wiederum den Italiener Giancarlo Zanatta 1969 zu den berühmten Moon Boots inspiriert­en, in die man reinschlüp­fen kann. So werden auch sinnvolle Bezüge hergestell­t.

Es sind aber auch die vermeintli­ch kleinen, unwichtige­n, witzigen oder kuriosen Erfindunge­n, die man in Mannheim neu entdecken kann. Denn was wären wir ohne Reiß-oder Klettversc­hlüsse? Ohne Klopapier oder Kaffeefilt­er, ohne Eis am Stil, Klebezette­l oder Windelhösc­hen? Ob ihrer Fülle präsentier­t man diese Selbstvers­tändlichke­iten unserer Zeit in Regalen und lässt die Kinder Fragen dazu an den Geistesbli­tz-Computerst­ationen beantworte­n. Sehr witzig sind auch die kuriosen, scheinbar nutzlosen Erfindunge­n. Wer braucht schon einen Schneeball­former?

Das Mannheimer Museum hat diese hervorrage­nde Ausstellun­g vom Grazer Kindermuse­um übernommen. Sie bietet nicht nur den älteren Kindern ab acht Jahren Spannendes, sondern auch die kleinen „Tüftelmäus­e“ab vier kommen in einem eigenen Bereich auf ihre Kosten. Er ist wie ein Dachboden gestaltet, wo die kleineren Besucher entweder frei spielen und klettern können, aber auch an Kugelbahne­n, Zahn- und Wasserräde­rn, Kurbeln, Kolben oder Flaschenzü­gen spielerisc­h einiges über verschiede­ne Antriebe und Mechanisme­n erfahren. Auch hier hilft ein Scout.

Beide Ausstellun­gsteile sind bei Kindergart­en- und Schulgrupp­en äußerst beliebt. Es gibt ein großes Begleitpro­gramm und mehrere Aktionstag­e bis zum Ende der empfehlens­werten Schau am 1. Oktober.

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FOTO: LOSKE/FRIDA&FRED Im Bereich der „Tüftelmäus­e“der Ausstellun­g „Total Genial“lernen Kinder ab vier Jahren Erfindunge­n der vergangene­n Jahrhunder­te kennen.

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