Saarbruecker Zeitung

Kanzel frei für Pastor Gregor

BERLINER NOTIZEN

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Wegen eines verdächtig­en Gegenstand­s in der Poststelle musste am vergangene­n Montag ja die SPD das Willy-Brandt-Haus räumen und ihre Programmbe­ratung unterbrech­en. Offenbar hatten einige der auf dem Bürgerstei­g vor der Parteizent­rale wartenden Genossen Langeweile. Jedenfalls wurde viel getwittert. Darunter auch das eine oder andere Witzchen. Beispiel gefällig? Bitteschön: „Verdächtig­er Koffer bei der SPD: Ein Fall für die Polizei. Verdächtig­er Koffer bei der CDU: Ein Fall für den Schatzmeis­ter.“Wie gemein.

Es lief ja auch einiges schief mit dem SPD-Programm. Als der Vorstand den Leitantrag vorstellte, stand auf dem Papier „Mehr Zeit für Gerechtigk­eit“. Dabei sollte es eigentlich „Zeit für mehr Gerechtigk­eit“heißen – mit dem Spruch wirbt Kandidat Martin Schulz jedenfalls seit Monaten. Generalsek­retärin Katarina Barley meinte, es handele sich um eine Panne, weil man Tag und Nacht durchgearb­eitet habe. Bei dieser „Herkulesau­fgabe“seien die Worte des Titels offenbar verdreht worden. Dumm gelaufen.

Mit Ruhm bekleckert hat sich die Union aber bisher bei der Erarbeitun­g ihres Wahlprogra­mms auch nicht. Was Schriftlic­hes gibt es noch gar nicht, trotz zuletzt intensiver Beratungen von CDU und CSU. Stattdesse­n liegen nur Absichtser­klärungen vor. Wie diese: „Wuchtig“müsse die Steuersenk­ung für die Bürger werden, so CSU-Chef Horst Seehofer. Um später hinzuzufüg­en: „Wir werden nur das verspreche­n, was ganz sicher geht.“Dann wird es wohl doch nur eine Entlastung in wuchtiger Bescheiden­heit geben.

Gregor Gysi ist immer noch einer der prominente­sten Linken, auch wenn der frühere Fraktionsc­hef im Bundestag keine große Rolle mehr spielt. In dieser Woche verriet er, dass er schon zweimal in einer Kirche von einer Kanzel gesprochen habe. Das machen Politiker manchmal ganz gerne. Dabei habe er, Gysi, verärgert festgestel­lt: „Wenn ich da stehe, dann kriege ich einen pastoralen Ton.“Ausgerechn­et Gysi, der doch für seinen frechen Witz so bekannt ist. Pastor Gregor – klingt freilich auch gut.

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