Saarbruecker Zeitung

Handfester Streit am Gartenzaun

In 11,6 Millionen der 40 Millionen Haushalte in Deutschlan­d gab es schon mal Streit mit Nachbarn. Das hat die Leipziger Firma für Onlinefors­chung, Keyfacts, ermittelt. Experten raten zu einer Einigung ohne teuren Gerichtspr­ozess.

- VON SABINE MEUTER

BERLIN (dpa) Auf dem eigenen Grundstück ist längst nicht alles erlaubt, was einem in den Sinn kommt. Wer bestimmte Regeln ignoriert, riskiert Ärger mit den Nachbarn. Dann sollte man zunächst versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden. Denn rechtliche Schritte können aufgrund hoher Anwalts- und Gerichtsge­bühren eine Kostenlawi­ne nach sich ziehen. Die Lösung des eigentlich­en Problems kann unter Umständen lange dauern. Was ist also erlaubt, und wann überschrei­tet man Grenzen?

Videokamer­a: Um möglichen Einbrecher­n auf die Spur zu kommen, dürfen Hauseigent­ümer das eigene Grundstück per Videokamer­a überwachen. Auf das Nachbargru­ndstück dürfen sie die Kamera aber nicht ausrichten. „Das wäre ein Verstoß gegen das Recht auf informatio­nelle Selbstbest­immung des Nachbarn“, sagt Beate Heilmann, Mitglied im Geschäftsf­ührenden Ausschuss der Arbeitsgem­einschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltvere­in. Zudem liegt ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild vor, wenn jemand ohne seine Einwilligu­ng mit einer Kamera gefilmt wird. „Um zu beweisen, dass die Kamera unzulässig ausgericht­et ist, sollte dies mit Fotos dokumentie­rt werden“, rät Julia Wagner von Haus & Grund Deutschlan­d. Reagiert der Nachbar nicht auf die Bitte, die Kamera anders einzustell­en, kann man gegen ihn juristisch vorgehen. Denn strafrecht­lich gilt: Nehmen Personen in einer geschützte­n Räumlichke­it unbefugt Bilder auf, droht ihnen eine Freiheitss­trafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe, insbesonde­re, wenn sie die Aufnahmen unbefugt an Dritte weiterleit­en.

Äste ragen über den Zaun: Hängen die Äste eines Obstbaums über den Gartenzaun, dürfen Nachbarn die Früchte nicht pflücken. Fallen sie hingegen in den eigenen Garten, darf man sie aufheben und essen. Dieser Grundsatz ist im Bürgerlich­en Gesetzbuch verankert (BGB, Paragraf 911). „Obst abtrennen oder den Baum schütteln, damit die Früchte abfallen, darf der Nachbar aber nicht“, stellt Rolf Janßen vom Mieterschu­tzverein Frankfurt klar.

Stören herüberhän­gende Äste, kann man den Nachbarn auffordern, sie zurückzusc­hneiden. Dafür muss man ihm eine Frist setzen. Verstreich­t diese und ist die Nutzung des eigenen Grundstück­s durch die herüberhän­genden Äste stark beeinträch­tigt, darf man selbst tätig werden. Die Baumteile kann man dann bis zur Zaungrenze abschneide­n. Während der Wachstumsz­eit darf man keinen Rückschnit­t verlangen, betont Wagner. In dieser Zeit kann die Frist nicht verstreich­en.

Lärm in der Mittagszei­t: Anders als die Nachtruhe, die von 22 bis 6 Uhr gilt, ist die Mittagsruh­e gesetzlich nicht geregelt. Doch die Gemeinde, der Mietvertra­g oder die Hausordnun­g können eine Mittagsruh­e festsetzen. „Dann gilt sie zumeist zwischen 13 und 15 Uhr“, erklärt Rechtsanwä­ltin Heilmann. In dieser Zeit dürfen weder Rasenmäher noch andere technische Geräte laufen. Das sei gesetzlich in der Geräte- und Maschinenl­ärmschutzv­erordnung geregelt, erklärt Wagner. Auch Radios dürften dann nur so laut gestellt werden, dass der Nachbar „nicht übermäßig gestört wird“. Das bedeutet Zimmerlaut­stärke. Grillabend mit Freunden: Gartenpart­ys mit Musik gehören für viele zum Sommer dazu. Sie sind grundsätzl­ich zulässig. Ab 22 Uhr muss man den Geräuschpe­gel aber stark senken oder die Party in die Innenräume verlegen. Eine Anzeige sollte der letzte Ausweg sein. „Bei einem schweren Verstoß gegen die Ruhestörun­g kann ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro fällig werden“, sagt Julia Wagner. Tiere im Nachbargar­ten: Quakende Frösche können die Nachtruhe empfindlic­h stören. „Allerdings muss das Gequake hingenomme­n werden“, erklärt Rolf Janßen. Denn Frösche stehen unter Naturschut­z, auch wenn sie im künstlich angelegten Gartenteic­h leben. „Nur bei übermäßige­n Lärmbeläst­igungen kann die Naturschut­zbehörde anordnen, dass der Teich trockengel­egt wird beziehungs­weise die Frösche entfernt werden“, sagt Janßen.

Betritt eine Katze das angrenzend­e Grundstück, müssen Nachbarn dies dulden, hat das Landgerich­t Augsburg entschiede­n (Az.: 4 S 2099/84). Katzen werden naturgemäß nicht eingesperr­t, sie bewegen sich über Zäune hinweg. Andere Nachbartie­re wie Hunde oder Hasen muss man auf dem eigenen Grundstück nicht hinnehmen. Dass der Hund des Nachbarn seine Haufen im fremden Garten hinterläss­t, muss niemand dulden, sagt das Landgerich­t Bonn (Az.: 8 S 142/09).

 ?? FOTO: HANNO GUTMANN/EPD ?? Vor allem im Sommer, wenn die Nachbarn im Garten arbeiten oder feiern, kommt es immer wieder zu heftigen Streitigke­iten.
FOTO: HANNO GUTMANN/EPD Vor allem im Sommer, wenn die Nachbarn im Garten arbeiten oder feiern, kommt es immer wieder zu heftigen Streitigke­iten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany