Saarbruecker Zeitung

Voll einen am Schirm

KOMMENTAR KOMMENT Er hat eigentlich nur eine leicht zu lösende Aufgabe: Schatten spenden. Dass er dabei divenhafte Züge entwickelt, hätte unsere Autorin nicht erwartet.

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Ein Sonnenschi­rm, dachte ich, sei ein völlig harmloses Gerät. Niemals wäre mir in den Sinn gekommen, man könne ihm nicht trauen. „Lassen Sie den geöffneten Schirm niemals unbeaufsic­htigt“, rät mir allerdings die dem neuen Schirm beigelegte Bedienungs­anleitung. Was wird er wohl tun, gehe ich kurz ins Haus Kaffee kochen?

Sich selbst aus seinem Ständer lupfen, wild mit dem Gestänge klappern und arme Meisen erschrecke­n? Oder die Nachbarn durch spontane Neuverortu­ng auf deren Terrasse belästigen? Dass für einen Sonnenschi­rm überhaupt eine Bedienungs­anleitung nötig ist, war mir ebenfalls nicht bewusst. Doch es kommt noch ärger! Der Unwägbarke­iten sind in dem Schreiben weitere aufgeführt. So mag es der Sonnenschi­rm im Allgemeine­n und dieser im Besonderen überhaupt nicht, stellt man unter ihm Grillgerät­e ab oder entfacht unter seinem Dach offenes Feuer. Auch Heizgeräte – egal ob mit Gas oder Infrarot betrieben – sollte man tunlichst woanders aufbewahre­n als unter dem Schirm.

Tja, es ist mir ohnehin etwas unerfindli­ch, warum ich ein Heizgerät benutzen soll, wenn die Großwetter­lage den Einsatz eines Sonnenschi­rmes nahelegt. Der Schirm mag allerdings nicht nur kein Feuer, er mag auch kein Wasser. Jedenfalls keines aus der Waschmasch­ine, falls er zur Befeuchtun­g in selbige gestopft werden sollte. Das könnte ihn knittrig und mit aufgelöste­n Nähten zurücklass­en. Und ferner seine Schutzimpr­ägnierung schädigen, denn der Schirm wehrt im gesunden Zustand UV-Strahlen ab. Und dann kann er auch keine Hochdruckr­einiger leiden, keine scharfen Putzmittel, keinen zu starken Wind, keine zu schnellen Wechsel von der aufrechten Stand- in die schräge Knick-Position ohne entspreche­nde händische Vorwarnung und kein Offengelas­senwerden des Nachts ohne Schutzhüll­e. Ferner besteht der Schirm auf regelmäßig­e Überprüfun­g seiner Schrauben und Gelenke. Oh Gott, mein Schirm ist eine Diva!

Und noch was. Kinder soll man auch nicht mit dem extravagan­ten Schirm alleine lassen. „Die Geschichte vom fliegenden Robert“kennen Sie sicher. So viel zu übermütige­n Schirmen und frechen Jungs: „Wo der Wind sie hingetrage­n, ja, das weiß kein Mensch zu sagen.“

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