Saarbruecker Zeitung

Ein Pott und viele offene Fragen

Auch im Triumph von Berlin wird die tiefe Spaltung von Borussia Dortmund offenbar. Das Endspiel gewann der BVB mit 2:1.

- VON TOBIAS FUCHS

BERLIN Dortmund liegt an der Spree. So wirkt es am Samstag vor dem DFB-Pokalfinal­e in Berlin. „Überall diese Gelben“, staunt eine ältere Dame mittags über die unzähligen Fans von Borussia Dortmund in der City-West. Zwar beanspruch­en auch die Anhänger des Endspielge­gners Eintracht Frankfurt einen Teil der Hauptstadt für sich. Den Alexanderp­latz im Osten haben sie in Alex-MeierPlatz umbenannt, zu Ehren ihres Torjägers. Trotzdem fühlen sich die BVB-Fans in Berlin wie zu Hause. Viele erleben hier das vierte Finale in Folge.

Der einzige Haken: Das Olympiasta­dion war für die Borussia eher ein Ort der Enttäuschu­ng. Sogar von einem „Final-Trauma“war zu lesen, nach drei Niederlage­n in Serie. Durch das 2:1 gegen die Eintracht darf sich Dortmund als geheilt betrachten. Damit sind aber längst nicht alle Probleme des Tabellendr­itten der FußballBun­desliga gelöst.

BVB-Trainer Thomas Tuchel feiert am Samstagabe­nd seinen ersten großen Titel. Ein wenig ungelenk und überdreht drückt der 43Jährige auf dem Rasen jeden fest an sich. Auch Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke. Das wird von den Medien genau registrier­t. Es sind Beobachtun­gen auf dem Niveau der Klatschpre­sse.

Vor dem Endspiel ging es nur um die angebliche Trennung von Tuchel. Eine Entfremdun­g zwischen ihm und Watzke gilt als gesichert, auch Teile der Mannschaft sollen sich distanzier­t haben. Auf der Pressekonf­erenz erklärt der Trainer: „Ich habe einen Vertrag (bis 2018, Anm. der Red.) und möchte den erfüllen.“Es soll ein Gespräch geben, „mindestens ergebnisof­fen“, wie Tuchel betont.

Nach dem Pokalsieg hat er gute Argumente. „Wir haben alle unsere Ziele erreicht, eine ganz besondere Saison gekrönt“, sagt Tuchel: „Ich glaube ganz fest daran, dass das nur geht, wenn die Mannschaft dem Trainer vertraut.“Jedoch verbreiten sich in der Nacht Zitate, die anderes andeuten. „Mich hat es sehr geschockt, weil ich es einfach nicht verstehe“, sagt Kapitän Marcel Schmelzer über die Ausbootung des bei Mitspieler­n hoch angesehene­n Nuri Sahin. Zuletzt vertrat Sahin im defensiven Mittelfeld den verletzten Julian Weigl, machte seine Sache sehr gut. Trotzdem strich ihn Tuchel aus dem Kader.

Ohne Sahin beginnt Dortmund im Finale druckvoll, bindet die Eintracht in ihrer Hälfte. Die Borussia beeindruck­t durch Tempo und Technik ihrer Offensive. In der achten Minute trifft Ousmane Dembélé zum 1:0. Ein kleiner Wendepunkt. „Wir haben in der nächsten Minute den Eindruck gemacht, als hätten wir jetzt wahnsinnig viel zu verlieren“, meint Tuchel. Hinzu kommt: Marco Reus verletzt sich.

Reus ist und bleibt der schwarzgel­be Pechvogel. Im Fernsehen stellt er später die Selbstdiag­nose: „Vielleicht ein bisschen Kreuzband.“Es ist wohl ein Teilriss. Vor seiner Auswechslu­ng zur Halbzeit muss Reus mehrfach behandelt werden. Und zusehen, wie die Eintracht ins Spiel findet. In der 29. Minute passiert ein flacher Pass die Abwehr, sodass Ante Rebic den Ausgleich erzielen kann. Statistisc­h ist der BVB zur Pause die bessere Mannschaft, doch die Eintracht hat mehr von der Partie.

Das gefällt den vielen EintrachtF­ans, die im Olympiasta­dion für eine beeindruck­ende Atmosphäre sorgen. Sie übertönen in der Halbzeit mit einem bemerkensw­ert lauten Pfeifkonze­rt auch den Auftritt von Schlagerst­ar Helene Fischer. Ebenso schlecht kommt der Deutsche Fußball-Bund weg: Vor dem Anpfiff waren sich beide Fanlager einig, durch das Stadionrun­d hallte „Scheiß DFB“. Als BVB-Fans die ersten Bengalos entzünden, steht auf einem Transparen­t: „Kampf dem DFB.“

Nach der Halbzeit findet die Borussia zurück zu ihrem Spiel. Doch die Aktionen der hochbegabt­en Dortmunder erscheinen wie ein komplizier­tes Verspreche­n. In der 63. Minute klärt Marco Fabian einen Fallrückzi­eher von Pierre-Emerick Aubameyang mit Hilfe der Latte. Schließlic­h verwandelt dieser mit einem lässigen Lupfer einen Elfmeter (67.) zur Entscheidu­ng. Ob der Bundesliga-Torschütze­nkönig bleiben wird, ist eine der vielen offenen Fragen, die es für Borussia zu klären gilt. Zu Hause, in Dortmund.

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FOTO: WOITAS/DPA Der mit einer Kreuzband-Verletzung ausgewechs­elte Marco Reus (Mitte) jubelt mit seinen Teamkolleg­en über den Gewinn des DFB-Pokals.

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