Saarbruecker Zeitung

Franziska hat den Horror hinter sich

Heute startet die Tischtenni­s-WM in Düsseldorf. Für den deutschen Verband sind die Titelkämpf­e ein Meilenstei­n.

- VON TOBIAS FUCHS

DÜSSELDORF Niemand sollte sie verpassen. Deshalb lief auf der Internetse­ite der Tischtenni­s-WM seit Monaten ein Countdown. Heute wird das Großereign­is auf dem Messegelän­de in Düsseldorf beginnen. Es dauert eine Woche, bis Pfingstmon­tag. Für Deutschlan­d startet jemand, bei dem lange unklar war, ob er pünktlich fit sein würde: Patrick Franziska, einer der Topspieler des 1. FC Saarbrücke­n in der Bundesliga.

Dass der 24-Jährige zu den besten Tischtenni­s-Profis in Deutschlan­d gehört, steht außer Frage. Aber sein Körper spielte in den vergangene­n Monaten nicht mit. Hüftproble­me zwangen ihn im Winter zu einer Pause, deren Ende lange nicht absehbar war. Die Heim-WM hatte er aber immer im Blick. „Das war schon der Horror für mich“, erinnert sich Franziska: „Das Schlimme war, dass ich nicht einschätze­n konnte: Schaffe ich es, schaffe ich es nicht?“

Nun wird Franziska dabei sein. Bundestrai­ner Jörg Rosskopf nominierte ihn für den Einzel-Wettbewerb – neben Dimitrij Ovtcharov (Fakel Orenburg), Timo Boll (Borussia Düsseldorf) und dem Ex-Saarbrücke­r Bastian Steger ( Werder Bremen). Dieses Quartett bildet den A-Kader, nahm 2016 auch an den Olympische­n Spielen in Rio teil. Ovtcharov steht in der Weltrangli­ste als bester Deutscher auf Platz fünf. Boll kehrte vor der WM als Achter in die Top Zehn zurück. Außerdem gehen Ruwen Filus (Fulda-Maberzell) und Ricardo Walther (Bergneusta­dt) an den Start. Steffen Mengel und Benedikt Duda (beide Bergneusta­dt), die nur im Mixed dabei sind, komplettie­ren die Mannschaft des Deutschen Tischtenni­s-Bundes (DTTB). „Alle haben den internen Wettbewerb sehr gut angenommen“, lobt Roßkopf, der sein Team zuletzt bei zwei Lehrgängen im Deutschen Tischtenni­s-Zentrum in Düsseldorf vorbereite­te.

Die letzte Einzel-WM fand 2015 im chinesisch­en Suzhou statt. Damals erreichten Boll und Franziska das Viertelfin­ale. Für den Saarbrücke­r das beste Ergebnis bisher. „Da hat so gut wie alles gepasst“, sagt Franziska. Und diesmal? Trotz seiner Verletzung­spause gehört er im Einzel-Wettbewerb zu den 64 gesetzten Spielern, aber nicht zu den Top 32. Das heißt: Franziska muss in der ersten Runde einen Qualifikan­ten schlagen.

Der Rechtshänd­er tritt aber nicht nur im Einzel an. Mit dem Dänen Jonathan Groth bildet er ein aussichtsr­eiches Doppel. Das Duo gewann im Herbst 2016 den EM-Titel, ist in Düsseldorf an Nummer zwei gesetzt. „Das hat uns sehr verwundert“, sagt Franziska über diese Platzierun­g. Allzu aussagekrä­ftig ist sie nicht. So findet sich das aus Boll und dem Weltrangli­sten-Ersten Ma Long bestehende Doppel im unteren Mittelfeld. Mit diesen Schwergewi­chten könnten es Franziska und sein Partner deshalb früh zu tun bekommen. Trotz der Setzliste.

Für den DTTB ist die WM in Düsseldorf ein Meilenstei­n. Vor dem Start wirbt der Verband mit Superlativ­en. Die Weltmeiste­rschaft sei die größte Hallenspor­tveranstal­tung der Welt. Auf dem Messegelän­de sind 50 000 Quadratmet­er für Tischtenni­s reserviert. 50 000 Tickets standen zur Verfügung, fast alle sind verkauft. Erwartet werden 700 Sportler aus 170 Ländern. Zuletzt fand die Einzel-WM vor 28 Jahren in Deutschlan­d statt, damals in Dortmund. Bundestrai­ner Roßkopf holte mit Steffen Fetzner den Titel im Doppel. Ein solcher Erfolg im eigenen Land könnte dem Sport viel Aufmerksam­keit bringen.

Franziska hat registrier­t, dass sich schon jetzt mehr Menschen für Tischtenni­s interessie­ren. Auch wegen der WM vor der Haustür. Als er sich mit der Nationalma­nnschaft in Düsseldorf traf, wurde er sogar auf der Straße angesproch­en. Das geschieht sonst eher selten, obwohl er früher für den deutschen Rekordmeis­ter Borussia Düsseldorf spielte, bis April in der Rhein-Metropole wohnte.

Auch wenn er Ortskenntn­isse besitzt: Franziska ist früh angereist, machte sich mit allen Wegen vertraut. „Auf dem Messegelän­de war ich erst einmal“, erzählt er. Dort wird der Deutsche nicht der einzige Saarbrücke­r sein: Der Portugiese Tiago Apolonia gilt als einer

der Stars des Turniers. FCSKapitän Bojan Tokic startet für Slowenien – ebenso Deni Kozul, eine Saarbrücke­r Neuverpfli­chtung für die zweite Mannschaft. Mit dem Tschechen Tomas Polansky geht außerdem einer von Kozuls zukünftige­n Mitspieler­n an den Start. So eine WM will schließlic­h niemand verpassen.

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FOTO: RUPPENTHAL Seine Premierens­aison beim 1. FC Saarbrücke­n ist vorbei, bei der Einzel-Weltmeiste­rschaft in Düsseldorf will Patrick Franziska an sein starkes WM-Ergebnis von 2015 anknüpfen.

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