Saarbruecker Zeitung

Gifte gefährden das Korallen-Paradies

Das Sterben am Great Barrier Reef in Australien scheint unaufhalts­am. Die Gründe dafür sind vielfältig.

- VON MICHAEL LENZ

ROCKHAMPTO­N (kna) Mit Windgeschw­indigkeite­n von bis zu 270 Stundenkil­ometern fegte Ende März Zyklon „Debbie“über den australisc­hen Bundesstaa­t Queensland hinweg. Tausende flüchteten vor dem Sturm. Zehntausen­de Haushalte waren von der Stromverso­rgung abgeschnit­ten. Doch nicht nur Menschen wurden Opfer von „Debbie“. Auch das schon von Korallenbl­eichen und Klimawande­l arg gebeutelte, 2300 Kilometer lange Great Barrier Reef vor der Küste Queensland­s war betroffen.

Michael McCarthy liegt das Riff am Herzen. Nicht nur weil er der katholisch­e Bischof von Rockhampto­n an der Küste von Queensland ist. Der 66-Jährige ist auch in Queensland geboren und aufgewachs­en. „Als ehemaliger Industriec­hemiker muss ich sagen, dass dem Riff durch Ablaufwass­er und ungeklärte Industriea­bwässer ungeheurer Schaden zugefügt wird“, zitieren ihn örtliche Medien. Wie Recht der Bischof hat, beweisen wenige Tage nach „Debbie“entstanden­e Satelliten­aufnahmen. Darauf ist eine gigantisch­e, mit Sedimenten und Umweltgift­en wie Nitrogen beladene Schadstoff-Fahne aus den Flüssen Burdekin, Fitzroy und Gregory zu sehen, die weit in das Korallenme­er hineinreic­ht. Doch das ist nur der jüngste Schlag für das größte Korallenri­ff der Welt.

Zwei direkt aufeinande­rfolgende heiße australisc­he Sommer haben zwei Korallenbl­eichen verursacht, wobei die von 2016 als die stärkste je gemessene in die Geschichte des Riffs eingegange­n ist. Wird das Wasser zu warm, stoßen Korallen die Algen ab, die auf ihnen siedeln und von denen sie ihre Färbung erhalten. In der Folge werden sie weiß. Ohne die nährstoffr­eichen Algen nehmen die Korallen Schaden und können, wenn die Situation anhält, absterben. Zwar können sie sich erholen, benötigen dafür jedoch Zeit und kühleres Wasser. Dr. Neal Cantin vom australisc­hen Meeresfors­chungsinst­itut AIMS befürchtet, dass durch die beiden aufeinande­rfolgenden Bleichen keine Zeit zur Erholung blieb. „Viele Korallenar­ten scheinen anfälliger für eine Bleiche zu sein, wenn sie länger als zwölf Monate überdurchs­chnittlich hohen Wassertemp­eraturen ausgesetzt waren“, sagt er.

Über zwei Dinge sind sich die Riff-Experten einig. Erstens: Ursache der beiden Bleichen ist der Klimawande­l. Durch die Erderwärmu­ng werden tropische Wirbelstür­me wie „Debbie“intensiver, die durch ihre Wucht Korallenbä­nke zerstören. Zudem reduziert die Versauerun­g der Meere durch Kohlenstof­fdioxid das Wachstum der Korallen. Punkt zwei sind die auf den Zuckerrohr­und Bananenpla­ntagen entlang der Küste eingesetzt­en Pflanzensc­hutzund Düngemitte­l, die der Regen ins Meer spült. Zwar kündigte Australien im Dezember 2016 ein umgerechne­t 920 Millionen Euro teures Programm zur Rettung des Riffs an. Doch für Kritiker kommt das zu spät.

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FOTOS: DPA Die Korallen des Great Barrier Reef in Australien sind Heimat und Nahrung für viele Lebewesen. Doch das Naturphäno­men ist von Umweltgift­en und zu warmem Wasser bedroht.

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