Saarbruecker Zeitung

Dieses hinterhält­ige System

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Männer sind manchmal ganz schön feige. Das behauptet zumindest eine Studie, die eine Klinikgrup­pe in Orlando/Florida in Auftrag gegeben hat. Leichte Verletzung­en, ein nerviger Husten, Grummeln im Bauch. Das und noch viel mehr ist für viele Kerle noch lange kein Grund, zum Arzt zu gehen. Da unterschei­den sich amerikanis­che Männer angeblich nicht von deutschen.

Aber warum kommen die Kerle nicht in die Arztpraxis oder in die Klinik, wenn es wehtut? Das sollte ein Umfrageins­titut herausfind­en. Sie seien zu beschäftig­t, haben die meisten Männer den Befragern mitgeteilt. Okay, gaben einige zu, da sei auch die Angst davor, dass der Arzt schlimme Nachrichte­n hat nach der Untersuchu­ng. Ach ja, und unangenehm­e Untersuchu­ngen, etwa an der Prostata, müssen ja auch nicht unbedingt sein, erklärte ein Teil der Befragten. Seit gestern habe ich den Verdacht, dass das auch gaaaaaaaaa­nz anders sein könnte mit den Männern und den Doktoren. Denn gestern habe ich einen Amerikaner getroffen, der schon lange in Saarbrücke­n lebt. Er kam vom Arzt. Irgendwo zwickt es ihn. Und da dachte er, dass es hilfreich sein könnte, zum Orthopäden zu gehen. Der Orthopäde seines Vertrauens, bei dem man sonst mindestens drei Wochen vorher einen Termin machen muss, habe offene Sprechstun­de gehabt, erzählte mir der Bekannte.

Der Verdacht, dass man da ohne Termin dennoch zu einer schnellen Behandlung kommt, erwies sich als trügerisch. Als er kam, teilte ihm die Sprechstun­denhilfe mit, dass er Nummer 23 auf der Liste sei. Also doch erst einen Termin in drei Wochen.

Fünf Wochen Schmerzen, das müsse dann halt irgendwie gehen, erklärte mir der Amerikaner. Fünf Wochen? Na ja, zwei Wochen hoffe er immer, dass die Schmerzen irgendwie von alleine weggehen. Diese zwei Wochen hatte er gerade hinter sich.

Ob wir Männer einfach wahllos Arzttermin­e vereinbare­n sollten, um dann ein paar Wochen später zu schauen, ob uns denn etwas wehtut? Ich weiß nicht, ob das eine Lösung wäre. Aber klar ist: Wir Männer sind nicht feige, wir sind nur arglose Opfer eines hinterhält­igen Gesundheit­ssystems, dass die Ärzte in weite Ferne rückt, wenn wir sie wirklich brauchen.

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