Als ob Lahm und Messi in einer Mannschaft spielen würden
Bei der Tischtennis-WM bildet Timo Boll ein Doppel mit dem chinesischen Superstar Ma Long. Für den Deutschen ist das eine große Auszeichnung.
DÜSSELDORF (dpa) Timo Boll und der Chinese Ma Long im Tischtennis – das kann man sich entfernt so vorstellen wie Lionel Messi und Philipp Lahm im Fußball. In einem Team. Bei einer WM. Da so etwas im Fußball natürlich nicht möglich ist, beim Tischtennis aber schon, beginnen die Weltmeisterschaften in Düsseldorf erst heute Abend (20.15 Uhr) aus deutscher Sicht so richtig. Dann spielen der ehemalige Weltranglisten-Erste Timo Boll und der aktuelle Weltranglisten-Erste Ma Long zusammen im Doppel. Ihre Gegner in der ersten Runde sind die beiden Ungarn Tamas Lakatos (bis 2016 beim 1. FC Saarbrücken II in der 2. Bundesliga) und Krisztian Nagy.
„Auf dem Papier sind meine Chancen bei dieser WM im Doppel größer als im Einzel“, sagt Boll. „Wenn man mit der Nummer eins zusammenspielt, zählt man automatisch zum Favoritenkreis.“
Der mit Abstand bekannteste und erfolgreichste deutsche Spieler des vergangenen Jahrzehnts ist mittlerweile 36 Jahre alt. Von Lahm unterscheidet ihn, dass der Letztere seine Karriere gerade beendet hat, der Rekord-Europameister daran aber noch lange nicht denkt. „Noch bin ich einigermaßen gut in Schuss“, sagt Boll, was angesichts seines Sieges bei den Korean Open (im April) und seiner Rückkehr in die Top Zehn der Weltrangliste (im Mai) eine ziemliche Untertreibung ist.
Mit dem ´Besten aller Chinesen im Doppel zu spielen, ist für ihn eine Auszeichnung. Es ist, wenn man so will, die Verneigung des Tischtennis-Riesenreichs vor seinem über Jahre hinweg härtesten Rivalen. „Ma Long ist einer der größten Sportler überhaupt in China. Ihm könnte das Doppel mit mir auch scheißegal sein“, sagt Boll. „Aber er hat in China intensiv Doppel trainiert, er macht sich da einen Kopf drum. Das ehrt ihn – und auch mich.“
Um das zu verstehen, muss man wissen, welchen Stellenwert er in China besitzt. Als dieser junge Deutsche und keiner der Chinesen 2002 und 2003 an der Spitze der Weltrangliste stand, „hing mein Foto in China teilweise in Übergröße in den Trainingshallen, damit die Spieler wussten: Seht ihn euch an, das ist euer Gegner“, erzählte Boll dem Magazin „No Sports“. Jetzt kommt also Ma Long und will nicht nur gegen ihn, sondern auch mit ihm spielen. „Er ist relativ locker und sehr talentiert“, sagt Boll. „Das hat er mit einer sehr starken Athletik, großen Schlaghärte und großen Spielintelligenz kombiniert.“
Ma Long trainierte am Sonntag zum ersten Mal in der WM-Halle. Für eine gemeinsame Vorbereitung mit Boll bleibt nicht viel Zeit. Aber: Beide haben bereits bei der WM 2015 zusammengespielt, das ist ihr Vorteil. Beide könnten aber schon am Donnerstag in der dritten Runde auf die Top-Favoriten Fan Zhedong und Xu Xin aus China treffen – das ist womöglich ihr Problem. Trotzdem ist Boll zuversichtlich. „Er ist Rechtshänder, ich bin Linkshänder: Das ist ein Vorteil, da steht man sich nicht im Weg herum.“