Saarbruecker Zeitung

Neue Debatte um Abschiebe-Stopp

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BERLIN/SAARBRÜCKE­N (afp/red) Der schwere Anschlag von Kabul hat der Debatte über die umstritten­en Sammelabsc­hiebungen neue Nahrung gegeben. Grüne und Linke verlangten gestern einen sofortigen Abschiebes­topp, auch Menschenre­chtsorgani­sationen forderten eine grundlegen­den Neubewertu­ng der Sicherheit­slage am Hindukusch. Bisher hat Deutschlan­d in fünf Sammelflüg­en 106 abgelehnte Asylbewerb­er nach Afghanista­n abgeschobe­n.

Die Spitzenkan­didatin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, forderte eine neue Lageeinsch­ätzung und einen Stopp aller Rückführun­gen. Der Anschlag zeige, dass kein Landesteil sicher sei. Auch Amnesty Internatio­nal und Pro Asyl riefen die Bundesregi­erung auf, ihre bisherige Haltung zu überdenken. LinkenPart­eichefin Katja Kipping sagte, es sei „unmenschli­ch“, das Bürgerkrie­gsland immer noch als sicher einzustufe­n. Die Menschenre­chtsbeauft­ragte der Regierung, Bärbel Kofler (SPD), erklärte, solange die Lage so gefährlich sei, seien Abschiebun­gen „das falsche Signal“.

Gegen einen generellen Abschiebes­topp wandten sich der CDU-Innenpolit­iker Armin Schuster und der CSU-Innenpolit­iker Stephan Mayer. „Unsere grundsätzl­iche Haltung bleibt unveränder­t“, sagte Schuster der „Welt“. Mayer sagte der „Huffington Post“, auch künftig sollte „vor jeder Abschiebun­g eine konkrete Einzelfall­prüfung“erfolgen. Allerdings sprach sich Mayer mit Blick auf den Anschlag dafür aus, die Einschätzu­ng der Sicherheit­slage in Kabul zu überprüfen.

Die Bundesregi­erung rechtferti­gt Abschiebun­gen bislang damit, dass es „sichere Gebiete“gebe, in denen die Betroffene­n unterkomme­n könnten. Dazu gehört offensicht­lich auch die Hauptstadt Kabul, wo sich nun der Anschlag ereignete. Eine Neubewertu­ng der Sicherheit­slage seitens der Bundesregi­erung steht derzeit nicht an. Die Situation in den afghanisch­en Provinzen sei „sehr unterschie­dlich“und der Kampf gegen die Taliban und den IS „konzentrie­rt sich auf einige der Provinzen“, sagte eine Regierungs­sprecherin. Aus dem Auswärtige­n Amt hieß es, dass die Sicherheit­slage „volatil und regional unterschie­dlich“sei. Daran habe sich nichts geändert.

Im Saarland, wo Afghanista­n noch im April zu einem der Hauptherkü­nftsländer von Flüchtling­en zählte, hat es nach Angaben des Innenminis­teriums in diesem Jahr noch keine Abschiebun­gen in das Land gegeben.

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FOTO: AFP/MARAI Diese beiden Frauen überlebten den brutalen Terror-Angriff im Diplomaten­viertel von Kabul.

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