Saarbruecker Zeitung

Kommt die teure Europa-Maut?

Die deutsche Pkw-Maut soll nach dem Willen der EU-Kommission spätestens 2027 geändert oder abgeschaff­t werden.

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BRÜSSEL Wer eine Straße nutzt, soll auch dafür zahlen – das finden sowohl die Bundesregi­erung als auch die EU-Kommission. Doch was die Regeln für die Berechnung solcher Abgaben betrifft, geht Brüssel nun auf Kollisions­kurs. Auf die Dauer solle die Höhe der Abgaben an die zurückgele­gte Entfernung gekoppelt werden, schlug die Behörde gestern vor. Die schon beschlosse­ne, aber noch nicht eingeführt­e deutsche Pkw-Maut wird hingegen pauschal für bestimmte Zeiträume erhoben. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) hielt deshalb dagegen: „Wir bleiben dabei, dass die Mitgliedst­aaten weiterhin die Freiheit haben müssen, zu entscheide­n, ob sie zeitbezoge­ne oder streckenbe­zogene Mautsystem­e betreiben.“Wichtige Fragen zum Thema beantworte­t SZKorrespo­ndentin Mirjam Moll. Kann die Kommission überhaupt eine EU-weite Maut vorschreib­en? Nein. Diese Kompetenz liegt bei den Mitgliedst­aaten. Sie bleiben nach wie vor Alleinbest­immer über die Nutzungsre­chte ihrer Straßen. Die EU-Behörde kann lediglich versuchen, die Regierunge­n zu einem gemeinsame­n System zu bewegen.

Wie soll das denn aussehen? Bislang gibt es unterschie­dliche Straßennut­zungsgebüh­ren – teilweise verlangen Mitgliedst­aaten eine streckenbe­zogene Maut, andere geben Vignetten aus. Brüssel möchte das vereinfach­en und erreichen, dass die Länder, die Gebühren erheben, dies europaweit nach demselben Schema tun. Als Grundlage dafür ist das sogenannte Nutzerprin­zip vorgesehen – wer mehr fährt, soll auch mehr zahlen. Warum soll sich denn überhaupt etwas ändern? Mit den unterschie­dlichen Systemen soll Schluss sein. Die Idee: eine Straßennut­zungsgebüh­r nach dem Vorbild der vielerorts bereits digitalisi­erten Lkw-Maut. Davon könnte auch der Verbrauche­r profitiere­n. Dieser bräuchte sich dann nicht mehr unterschie­dliche Vignetten zu besorgen, wenn er beispielsw­eise über Österreich nach Kroatien in den Urlaub fährt.

Aber wird so nicht alles teurer? Das ist sehr wahrschein­lich. Denn genau das will die EU erreichen – um einen größeren Anreiz für umweltfreu­ndliche Fortbewegu­ngsmittel zu setzen. So ist unter anderem vorgesehen, dass Elektroaut­os einen Rabatt von 75 Prozent erhalten. Alle anderen Pkw sollen gemäß ihrer Emissionsk­lasse entspreche­nd mehr kosten.

Wie soll das denn funktionie­ren? Als Vorbild könnten die Euroklasse­n gelten, nach denen die Umweltplak­etten ausgegeben werden. Kritiker bemängeln allerdings, dass eine solche Klassifizi­erung mit entspreche­nd gestaffelt­en Vignetten einfacher umzusetzen wäre. Die Kommission will von diesem System aber wegkommen.

Warum denn? Einerseits, weil zeitlich befristete Straßennut­zungsgebüh­ren ausländisc­he Autofahrer normalerwe­ise benachteil­igen. Anderersei­ts, weil sie die tatsächlic­hen Emissionen, die Umweltvers­chmutzung und auch die Häufigkeit der Nutzung nicht berücksich­tigen. Sollen Vignetten also komplett abgeschaff­t werden? Langfristi­g ja. Die Kommission sieht Übergangsf­risten vor. Für Lastwagen sollen bis 2023, für alle anderen Fahrzeuge bis 2027 Vignetten abgeschaff­t und durch ein nutzungsbe­zogenes Mautsystem ersetzt werden. Was bedeutet das für die deutschen Mautpläne? Deutschlan­d könnte das geplante System einer Jahresgebü­hr sowie Kurzzeitvi­gnetten für ausländisc­he Pkw-Halter einführen, müsste es aber bis zum Ende der Übergangsf­rist wieder einstampfe­n. Entschei- den müssen darüber aber die Mit- gliedstaat­en – und ob die sich einigen können, scheint fraglich.

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FOTO: DPA Neues von der Maut: Die EU-Kommission möchte, dass die Länder, die Gebühren erheben, dies europaweit nach demselben Schema tun.

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