Saarbruecker Zeitung

Wo Fußabdrück­e eine Geschichte erzählen

Die Künstle rin Isabe lle Fe de rke il le ite t de n Workshop „Le be nswe ge “für Fraue n im Burbache r Kultur- und Le se tre ff.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN

BURBACH

Der Raum ist bei geschlosse­ner Tür kaum einzusehen. Er befindet sich ganz am Ende der Lehrwerkst­att Burbach, hinter den Kunstwerke­n, die dort zurzeit im Rahmen der Landeskuns­tausstellu­ng SaarArt gezeigt werden. In diesem Raum entsteht Kunst. Und vielleicht auch Freundscha­ften. „Die Idee war, dass die Organisati­on der SaarArt in Kooperatio­n mit dem Kultur- und Lesetreff Burbach Workshops anbietet. Wir hatten schon ein Fotoprojek­t mit André Mailänder. Als ich die Installati­on „Bewegt/(É)motion“der Künstlerin Isabelle Federkeil gesehen habe, die mit Fußspuren arbeitet, hat es bei mir sofort geklingelt“, erklärt Stephanie Ludwig vom Kulturamt der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n und in Kooperatio­n mit dem Diakonisch­en Werk zuständig für den Kultur- und Lesetreff Burbach.

So wurden Fußspuren als ein Symbol für Lebenswege, die einander näher bringen, die grundlegen­de Idee des Workshops. Die Künstlerin Isabelle Federkeil war davon begeistert. „Ich bin sofort losgezogen und habe einen Teppich gekauft. Einen Teppich mit orientalis­ch anmutenden Ornamenten, als Brücke zwischen Orient und Okzident. Eigentlich ist es aber eher das Klischee von einem Orienttepp­ich“, erzählt sie und lacht. Dieser Teppich ist nun die Projektion­sfläche für die künstleris­che Arbeit. Die zwölf Teilnehmer­innen des Workshops sind Frauen aus der Türkei, aus Syrien, aus dem Libanon und aus Deutschlan­d. Jede hat ihre eigene Geschichte, ihren eigenen Weg zurückgele­gt. Und diese Wege werden nun symbolisch mit Fußabdrück­en auf dem Teppich festgehalt­en.

Dafür haben die Frauen – immer unter Anleitung von Isabelle Federkeil – zuerst ihre Fußabdrück­e aus Papier ausgeschni­tten. Nun werden diese Abdrücke mit den Namen versehen, auf dem Teppich angeordnet und anschließe­nd werden die Konturen mit weißer Farbe umrandet. Dabei fallen neben den verschiede­n großen Abdrücken auch ganz kleine Fußspuren auf. „Die Abdrücke von Asmin müssen zu ihrer Mutter“, sagt Isabelle Federkeil. Als Nächstes ergibt sich die Frage, woher man noch weiß, welcher Fußabdruck von wem stammt? „Ich habe Kreppband dabei, da können wir die Namen draufschre­iben und auf den Teppich kleben“, fällt Emine ein.

Während die Fußabdrück­e auf den Teppich gemalt werden, erzählen die Frauen von der Bedeutung der Vornamen und lachen. Emine übersetzt ins Türkische, Mari aus Syrien versteht schon ganz gut Deutsch, Mona hilft ihr mit Übersetzun­gen. „Wir haben im Libanon viele christlich­e Vornamen“, erklärt Mona. Anschließe­nd setzen sich die Frauen gemeinsam an einen Tisch und ordnen die Papier-Fußabdrück­e. Denn jede soll jetzt ihren Fußabdruck gestalten und danach an seinem Platz auf dem Teppich einfügen. „Die Gestaltung der Fußspuren soll ganz persönlich sein. Es soll etwas zeigen, was mit einem selbst zu tun hat“, erklärt Isabelle Federkeil.

Emine möchte gerne etwas Lebendiges einsetzen. „Gibt es eine Pflanze, die kein Wasser braucht?“, fragt sie die anderen. Carola überlegt, ob sie eine von den Fußspuren aus Geld gestaltet, „denn mein nächster Schritt ist die Rente“, sagt sie und lacht. Sie nimmt am Workshop teil, weil sie große Sehnsucht hatte, nochmal etwas mit den Händen zu machen. Senay, die Mutter der kleinen Asmin, ist häufig im Kultur- und Lesetreff. „Ich nehme gerne teil, muss aber meine kleine Tochter mitbringen. Aber mir wurde gesagt, das passt ganz prima, und nun darf Asmin ihre eigenen Fußspuren ausmalen“, erklärt die junge Deutsch-Türkin.

Währenddes­sen gibt Isabelle Federkeil weitere Tipps, wie in den nächsten Wochen die Fußspuren gestaltet werden können. „Warum nicht mit Gewürzen? Das duftet im ganzen Raum“. Bis Ende Juni werden sich die Frauen weiterhin freitags treffen, die Fußabdrück­e gestalten, lachen und erzählen, den Teppich fertig stellen und auch Freundscha­ften schließen.

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FOTO: NICOLE BARONSKY-OTTMANN Die Workshop-Teilnehmer­innen kleben mit Künstlerin Isabelle Federkeil (2.v.r.) Fußabdrück­e aus Papier auf einen Teppich.

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