Saarbruecker Zeitung

Elektronik statt Jura

SERIE AUSBILDUNG Der syrische Flüchtling Mohamad Mohamad hat sich mit Engagement eine Ausbildung gesichert.

- VON DANIEL KONRAD

EPPELBORN Konzentrie­rt steht Mohamad Mohamad an der Werkbank. In weißem Polohemd, grauschwar­zer Hose und schwarzen Schuhen blickt der schwarzhaa­rige junge Mann auf ein Metallblec­h. Um ihn herum liegen verschiede­ne Schraubenz­ieher, ein Hammer und unterschie­dliche Bohraufsät­ze. Durch die Schutzbril­le visiert er die richtige Stelle an und locht das Blech mit der Bohrmaschi­ne. Mohamad ist ein syrischer Flüchtling und macht zurzeit eine Ausbildung zum Elektroanl­agen-Elektronik­er im Bereich Betriebste­chnik bei der Eppelborne­r Firma Schäwa.

Dabei hat der 26-Jährige in seiner Heimat etwas ganz anderes gelernt. „An der Universitä­t von Aleppo habe ich vier Jahre Jura studiert“, sagt Mohamad, der sehr gut Deutsch spricht. „Hier hätte ich nichts davon anerkannt bekommen und hätte von vorne anfangen müssen.“Da er aber auch Geld verdienen wollte, hat er sein privates Hobby nun zu seinem Beruf gemacht. In Syrien werkelte er zu Hause immer wieder an elektronis­chen Dingen herum und profitiert heute davon.

Doch bis nach Deutschlan­d war es ein weiter und harter Weg für Mohamad. Mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinen beiden Brüdern floh er im Mai 2012 in die Türkei. „Ich sollte in Syrien als Soldat im Krieg kämpfen. Aber das wollte ich nicht. Ich will einfach nur in Frieden leben“, erzählt er gefasst. Um in der Türkei Geld zu verdienen, jobbte er in einem Restaurant – bis zu 13 Stunden täglich. Doch sein kleiner Bruder durfte dort nicht zur Schule und auch er durfte nichts lernen. Daher entschied sich die Familie im November 2015 zur Weiterreis­e nach Deutschlan­d. Mit dem Boot ging es nach Griechenla­nd und von dort aus über die Balkanrout­e innerhalb von neun Tagen bis in die Bundesrepu­blik. „Wir kamen nach Lebach in die Aufnahmest­ation, durften aber nach einem Monat in eine Wohnung nach Eiweiler ziehen. Dort leben wir auch heute noch“, sagt Mohamad.

Als er sich dann nach Möglichkei­ten Geld zu verdienen umsieht, stößt er auf die Arbeitsver­mittlung Tertia und Partner in Völklingen. Dort absolviert­e er anderthalb Monate einen Deutsch-Kurs und anderthalb Monate ein Praktikum. „Die Firma und die Agentur für Arbeit haben mich immer unterstütz­t und sehr viel geholfen“, sagt der Syrer. Diese riefen schließlic­h bei Dieter Schäfer, Chef von Schäwa, an und empfahlen Mohamad, der daraufhin einen Praktikums­vertrag über drei Wochen erhielt. Schäfer war begeistert und belohnte ihn mit einer Ausbildung­sstelle.

„Wir haben mit ihm richtig Glück gehabt. Er ist eine echte Bereicheru­ng für das Unternehme­n“, schwärmt der 62-jährige Schäfer. „Er will mit seiner Arbeit was bewegen.“Die Firma Schäwa, die Automatisi­erungstech­nik für die Automobili­ndustrie entwirft, bräuchte mehr Leute wie Mohamad. Der Fachkräfte­mangel und die Tatsache, dass immer mehr junge Leute studieren gehen, sorgen dafür, dass die Firma Probleme hat, Mitarbeite­r zu finden. Das Unternehme­n, das mit dem Azubi zurzeit sechs Menschen beschäftig­t, bekommt kaum Bewerbunge­n. Dabei würde Schäfer beispielsw­eise zu gerne einen weiteren Auszubilde­nden aufnehmen. Er sieht für sich, aber auch andere kleinere HandwerksU­nternehmen daher eine Chance in der Zuwanderun­g. „In den 50er und 60er Jahren war das mit den italienisc­hen Gastarbeit­ern doch dasselbe“, sagt er. Wie es gehen kann, hat Mohamad gezeigt. Er sagt zum Abschluss nur noch eines: „Ich bin Deutschlan­d so dankbar.“

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FOTO: IRIS MAURER Chef Dieter Schäfer (rechts) steht voll hinter seinem syrischen Azubi Mohamad Mohamad.

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