Saarbruecker Zeitung

„Heimspiel“für junge Musiker

Seit zehn Jahren gibt es die Bläserklas­se an der Gemeinscha­ftsschule Saarbrücke­n-Dudweiler. Nun zeigte sie ihr Können im Konzert.

- VON ASTRID KARGER „Was ist das für ein Haufen, und wie mache ich aus dem eine Mannschaft?“ Sara Michels Musiklehre­rin

Das Bläserklas­sen-Konzept gibt es bundesweit für die Klassen fünf und sechs. In Bläserklas­sen erhalten die Kinder über zwei Jahre vertieften Musikunter­richt, vier statt zwei Stunden, in kleinen Gruppen am Instrument, die Schule stellt die Instrument­e. Nach zwei Jahren schauen die jungen Bläser, ob sie weitermach­en wollen und wenn ja, wo. Bestehende Schulorche­ster oder Blas-Ensembles und ortsansäss­ige Musikverei­ne freuen sich über neue Mitglieder. Die Gemeinscha­ftsschule Saarbrücke­n-Dudweiler nimmt jedes Jahr etwa 150 Kinder auf, es gibt fünf fünfte Klassen, eine davon ist eine Bläserklas­se.

Für ihre jungen Bläser fand die Schule ein besonderes Modell, das Kollegium arbeitete ein Wahlpflich­tfachangeb­ot aus – wer weiterhin mit den Klassenkam­eraden musizieren möchte, wählt das Fach „Musik und Orchester.“So gibt es zurzeit „sechs kleine Orchester“an der Schule, in jeder Jahrgangss­tufe eins. Mit der zehnten Klasse endet für viele die Schulzeit, und so war das Jubiläumsk­onzert „Zehn Jahre Bläserklas­se“für die Klassenstu­fe 10 auch eine Art Abschiedsk­onzert:

Der große Saal der Musikhochs­chule ist dem Andrang kaum gewachsen, draußen scheint die Sonne, drinnen steht die Luft. Schulleite­r Wolfgang Dietrich wähnt sich bei einem „Heimspiel,“ganz Dudweiler scheint gekommen zu sein, kaum haben die Fünftkläss­ler und ihr Lehrer Jens Backes ihre Plätze auf der Bühne eingenomme­n, ragen die Handy-Kameras in die Höhe. Die Zustimmung im Publikum ist riesig.

Seit erst neun Monaten spielen die jungen Musiker ihr Instrument. Jedes Kind wählt beim Eintritt in die Bläserklas­se ein neues Instrument, das ist Bedingung. So kam Clara Schulz, die bereits Blockflöte spielte und mit der Querflöte liebäugelt­e, ans Saxophon, sie bereut es nicht. Sie spielen die „Ode an die Freude“. Maximilian Gentes, der mit Charme und Schalk durch das Programm führt, sagt, „aus allen Liedern lassen sich Rückschlüs­se auf die positiven Eigenschaf­ten der Klasse ziehen“. Nach der 5a kommt die 10a, vor ihnen steht Lehrerin Sara Michels, konzentrie­rt, beherzt.

2015 hatte sie die verwaisten Bläser der Klassenstu­fe 8 übernommen, ein Schüler schaffte gleich Klarheit: „Äh, Frau Michels, nur dass Sie’s wisse, mir spiele sauscheiße.“Ein Jahr später gewann diese Bläserklas­se den von Kultusmini­sterium und Landesakad­emie ausgelobte­n Schulensem­ble-Wettbewerb „auftakt“, Michels war aufs Ganze gegangen und hatte ihre Klasse mit einer flotten Videopräse­ntation ins Rennen geschickt. Bis dorthin war es ein Stück Weg.

„Was ist das für ein Haufen, und wie mache ich aus dem eine Mannschaft?“hatte sie sich angesichts der etwas mutlos wirkenden Jugendlich­en gefragt, um bald festzustel­len, dass es den Jugendlich­en vor allem an Selbstwert­gefühl fehlte. Jetzt intonieren sie mitreißend Hits wie „Born this way“von Lady Gaga, Filmmusik, einen Marsch und einen „Earth, Wind and Fire“Mix mit von der Tuba kommenden Bassgroove­s.

Wer Sara Michels mit ihrem „Haufen“sieht, das vertrauens­volle Zusammensp­iel, die strahlende­n Augen, versteht einmal mehr, was engagierte Lehrer mit Herz ausrichten können.

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FOTO: KARGER Die Zuhörer waren vom Können der jungen Musiker begeistert.

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