Saarbruecker Zeitung

Revolution und Tränen

BERLINER NOTIZEN

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Dem neuen Bundestag wird Christian Ströbele nicht angehören. Der grüne Jurist, der seinen Wahlkreis in Berlin-Kreuzberg zuletzt direkt gewann, hört mit bald 78 Jahren auf. Von Müdigkeit aber keine Spur: „Ich will immer noch die Revolution“, meint er jetzt in einem Interview. Dann beruhigte er zugleich erschrocke­ne Immobilien­besitzer: „Ich will niemandem sein Häuschen wegnehmen. Oder seine Eigentumsw­ohnung.“Die Frage dazu wurde allerdings auch eingeleite­t mit dem Hinweis: „Sie besitzen zwei Eigentumsw­ohnungen . . .“

Alexander Dorbrindt, Verkehrsmi­nister von der CSU, kann man eine gewisse Biestigkei­t unterstell­en. Vor allem, wenn er attackiert wird. Bei der Bundestags­debatte am vergangene­n Donnerstag zu einer möglichen Autobahnpr­ivatisieru­ng wurde er höflich vom Präsidente­n gefragt, ob denn der Abgeordnet­e Behrens (Linke) eine Zwischenfr­age stellen dürfe. Darauf Dobrindt: „Nein, darf er nicht. Er muss sich anhören, was die Wahrheit ist.“Rums. Wobei das mit der Wahrheit bekanntlic­h immer so eine Sache ist.

Manchmal sind Abgeordnet­e auch nur Menschen. Die Grüne Valerie Wilms erklärte im Bundestag, warum sie nicht wie ihre Fraktion mit Nein zu der geplanten Infrastruk­turgesells­chaft gestimmt habe. Am Ende ihrer Rede kamen Wilms sogar die Tränen, anschließe­nd musste sie von mehreren Abgeordnet­en getröstet werden. Nun könnte man sagen, die Autobahnpr­ivatisieru­ng muss einem doch nicht so zu Herzen gehen. Aber sich von der eigenen Fraktion zu distanzier­en, wohl schon.

Schmerzfre­i ist hingegen Katarina Barley. Die Politikeri­n aus Trier wurde jetzt für knapp vier Monate neue Bundesffmi­lienminist­erin, ihren Job als SPD-Generalsek­retärin musste sie dafür an den Nagel hängen. Offenbar wegen Erfolglosi­gkeit. In einem Blogger-Interview wurde ihr nun ein möglicher Grund für den Job-Verlust genannt: Sie habe als Generalsek­retärin viele Floskeln verwendet, meinte der Fragestell­er. Darauf Barley: „Echt? Ahh, das sollte nicht so sein. Mist.“Ja, echt. Vor allem echt krass.

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