Saarbruecker Zeitung

Zu wenig Langzeitar­beitslose erfolgreic­h vermittelt

Die Grünen werfen Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles den Misserfolg ihres Lohnkosten­zuschuss-Programms vor.

- VON STEFAN VETTER

BERLIN. Rund 33 000 Langzeitar­beitslose wollte Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) mit einem speziellen Lohnkosten­zuschuss-Programm wieder in Lohn und Brot bringen. Zwei Jahre nach dem Start des Programms nehmen nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit nur 13 225 Personen daran teil. Die Grünen werfen Nahles vor, bei der mageren Bilanz zu tricksen. Obwohl die Arbeitslos­igkeit in Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren deutlich zurückgega­ngen ist, hat sich an der Zahl der Langzeitar­beitslosen nur wenig geändert. 910 000 Personen sind betroffen. Deutlich mehr als jeder dritte Erwerbslos­e hat mindestens ein Jahr lang keinen Job mehr gehabt. Für etwas Entspannun­g soll das „ESF-Bundesprog­ramm zur Einglieder­ung langzeitar­beitsloser Leistungsb­erechtigte­r“sorgen, das im Mai 2015 startete. Es soll bis zu 33 000 Langzeitar­beitslose ohne Berufsabsc­hluss und mit mindestens zwei Jahren ohne Job durch Lohnkosten­zuschüsse und Trainer in den ersten Arbeitsmar­kt integriere­n. Trotz zwischenze­itlich gelockerte­r Zugangsvor­aussetzung­en – so können auch Langzeitar­beitslose von den Zuschüssen profitiere­n, die an kurzzeitig­en Weiterbild­ungsmaßnah­men teilnehmen – ist der Erfolg bescheiden. Laut Bundesarbe­itsagentur waren im Mai, also nach zwei Jahren Programmla­ufzeit, nur 40 Prozent der vormals angekündig­ten Plätze besetzt. Bundesarbe­itsministe­rin Nahles operiert mit deutlich freundlich­eren Zahlen, wie aus einer Stellungna­hme ihres Hauses auf Anfrage der Grünen hervorgeht. Die Stellungna­hme liegt unserer Redaktion vor.

Demnach beziffert Nahles den Erfüllungs­stand nicht auf 40, sondern 79 Prozent. Dabei macht die Ministerin nicht ihre einst 33 000 angekündig­ten Plätze zum Maßstab, sondern nur die Zahl der von den Jobcentern tatsächlic­h abgerufene­n 22 717 Plätze. Auch zählt Nahles alle Beschäftig­ungsverhäl­tnisse mit, die abgebroche­n wurden. Das waren 3617. Jeder, der auch nur einen Tag im Programm war, wird in ihrer Rechnung berücksich­tigt. „Nahles rechnet sich die Bilanz schön und interpreti­ert die von Anfang an bestehende­n fachlichen Vorbehalte gegenüber ihrem Sonderprog­ramm für ihre Zwecke um“, so die Arbeitsmar­ktexpertin der Grünen, Brigitte Pothmer, gegenüber unserer Zeitung. Nur 35 Prozent der geförderte­n Langzeitar­beitslosen seien weiblich. Laut Förderrich­tlinie sollen Frauen und Männer je zur Hälfte profitiere­n. Kritiker hatten das Nahles-Programm als zu aufwendig und wegen der schon bestehende­n Lohnkosten­zuschussmo­delle als kaum nutzbringe­nd kritisiert. „Die Jobcenter und die Arbeitssuc­henden brauchen flexible Instrument­e für individuel­le Strategien“, so Pothmer. Dazu gehöre auch ein sozialer Arbeitsmar­kt für diejenigen, die keine realistisc­he Perspektiv­e auf einen regulären Job hätten.

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FOTO: DPA Andrea Nahles hat laut Grünen eine magere Bilanz vorzuweise­n.

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