Saarbruecker Zeitung

Landkreist­ag ruft nach Finanzhilf­e

Die Sozialausg­aben wachsen. Mehr Unterhalts­vorschuss heißt für die Kreise: 25 neue Mitarbeite­r müssen eingestell­t werden. KOMMENTAR

- VON NORA ERNST

SAARBRÜCKE­N Die saarländis­chen Landräte haben genug. Immer wieder bürdet der Bund ihnen neue Aufgaben auf, ohne ihnen dafür das nötige Geld zur Verfügung zu stellen. Die Sozialkost­en sind laut dem Landkreist­ag in den vergangene­n 20 Jahren explodiert: Bundesweit stiegen sie um 133 Prozent auf knapp 54 Milliarden Euro. Den weitaus größten Teil davon müssen die Landkreise aufbringen.

Demnächst kommt eine weitere Belastung auf sie zu. Bund und Länder hatten sich darauf geeinigt, den staatliche­n Unterhalts­vorschuss für Alleinerzi­ehende auszuweite­n. Künftig soll der Staat für den Unterhalt eines Kindes nicht nur bis zum zwölften, sondern bis zum 18. Lebensjahr aufkommen, wenn der Ex-Partner nicht oder nicht genug zahlt. Außerdem fällt die Begrenzung der Bezugsdaue­r auf sechs Jahre weg.

Der Landkreist­ag geht davon aus, dass sich die Zahl der Berechtigt­en dadurch mehr als verdoppelt und dass die fünf Kreise und der Regionalve­rband Saarbrücke­n insgesamt 25 zusätzlich­e Stellen schaffen müssen. Der Verband drängt darauf, dass die Kreise die Kosten komplett erstattet bekommen. „Sollte das nicht geschehen, wird sich die kommunale Finanznot im Saarland erneut verschärfe­n“, sagte der Vorsitzend­e Udo Recktenwal­d (CDU/St. Wendel). Bereits im April habe der Landkreist­ag die Landesregi­erung gebeten, Verhandlun­gen aufzunehme­n – ohne Erfolg. Die Zeit drängt: Bereits zum 1. Juli tritt das neue Gesetz in Kraft. Die Jugend- und Sozialämte­r können offenbar auch nicht damit rechnen, dass der Unterhalts­vorschuss ein Vorschuss ist. Laut Martin Luckas (SPD), Geschäftsf­ührer des Landkreist­ages, fließen nur rund 20 Prozent des Geldes tatsächlic­h zurück.

Eigentlich hält die Landesregi­erung die Kreise dazu an, Personal einzuspare­n. „Diese Rechnung kann nicht aufgehen“, sagte Recktenwal­d. Die Kreise könnten nicht Personal abbauen und gleichzeit­ig mehr Leistungen übernehmen.

Die Frage, wer bezahlt, wenn Bund oder Land den Kreisen und Kommunen neue Aufgaben übertragen, ist seit langem ein Streitpunk­t. Vor knapp einem Jahr hatte die Landesregi­erung ein Konnexität­sprinzip in der Landesverf­assung verankert und damit zugesicher­t, dass es die Kosten für neue Aufgaben übernehmen würde. In diesem Fall, so Recktenwal­d, nütze das den Kreisen aber wenig, da das Prinzip nur für neue Landes-, nicht für Bundesgese­tze gelte. Auch mit der Umsetzung des neuen Bundesteil­habegesetz­es für behinderte Menschen, fürchten die Kreise, könnten neue Kosten auf sie zukommen. „Sollte dies der Fall sein, muss der Bund die Mehrkosten den Ländern und Kommunen vollständi­g erstatten“, sagte Recktenwal­d. Zudem forderte er die Landesregi­erung auf, spätestens bis zum Jahresende einen Träger für die neue Einglieder­ungshilfe zu bestimmen.

„Diese Rechnung kann nicht aufgehen.“

Udo Recktenwal­d, Vorsitzend­er des Landkreist­ages

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FOTO: DPA Der staatliche Unterhalts­vorschuss für Alleinerzi­ehende soll ausgeweite­t werden. Die Landkreise rechnen dadurch mit erhebliche­n Mehrkosten.
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