Saarbruecker Zeitung

Gericht erkennt keine BMW-Werbung in Amtsleitun­g

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

SAARLOUIS Jeder kennt das: Der Briefkaste­n wird mit ungebetene­r Werbung verstopft, trotz des Aufklebers „Bitte keine Werbung einwerfen!“Dagegen haben sich schon ebensoviel­e Bürger erfolgreic­h vor den Gerichten gewehrt. Keinen Erfolg hat jetzt dagegen ein sachsen-anhaltinis­cher Bürger gehabt, der vor dem Saarlouise­r Verwaltung­sgericht (VG) gegen BMWWerbung klagte, die er in einer behördlich­en Telefonlei­tung des Saarlandes auf die Ohren bekam. Die erste VG-Kammer mit Einzelrich­ter Bernhard Graus wies die Klage des Mannes mit saarländis­chen Wurzeln ab. Der Kläger hatte Anfang März in einer Rechtsange­legenheit die Nummer des Saarbrücke­r Amtsgerich­ts gewählt. Dort war besetzt. In der Warteschle­ife habe er sich ungewollt die Automatens­timme mit „Privatwerb­ung“anhören müssen: „Wissen Sie schon, dass jeder neue BMW X 5 ein halber Saarländer ist?“Der Kläger war erzürnt: Das Saarland betreibe damit Telefonwer­bung für die Bayerische­n Motorenwer­ke unter Ansprache „saarländis­cher Patrioten-Gefühle“. Da er mit dem Wählen einer Amtsleitun­g nur rein staatliche Informatio­nen begehre, verstoße diese Werbung für einen Auto-Konzern gegen sein Recht auf informatio­nelle Selbstbest­immung. Der Kläger sah den Tatbestand der Nötigung als gegeben an, da er den Sachbearbe­iter im Amtsgerich­t wegen einer dringenden Auskunft habe sprechen müssen. So habe er auf seine eigenen Telefonkos­ten in der saarländis­chen Amtsleitun­g die BMW-Werbung anhören müssen, ohne eine Chance, einfach aufzulegen. Denn auf die Informatio­n aus dem Amtsgerich­t sei er angewiesen gewesen. Profitorie­ntierte Werbung habe in staatlich neutral zu haltenden Amtsleitun­gen nichts zu suchen. Zudem bestehe Wiederholu­ngsgefahr, da im Rahmen des „Saarland Marketings“das gezielte Anpreisen von Produkten privater Firmen unkontroll­iert anwachsen könne. Der Kläger verlangte, die Werbung abzustelle­n oder festzustel­len, dass der Werbespruc­h für den LuxusBMW, der ein „halber Saarländer“sei, rechtswidr­ig ist.

Doch die CDU/SPD-Landesregi­erung wehrte sich erfolgreic­h gegen diese Anschauung­sweise. Die Bandansage sei Teil des neuen „Saarland-Marketings“, in dessen Zuge mit zahlreiche­n ähnlichen Botschafte­n auf verschiede­nste Weise, etwa mit Plakaten, Anzeigen und Hörfunk-Spots der Standort Saarland beworben werde. Die Bandansage mit dem „halben Saarländer“aus Bayern sei gerade nicht als staatliche Werbung für private Unternehme­n, sondern vielmehr als legale und legitime Werbung der Regierung für das Saarland zum Zwecke der Förderung des Wirtschaft­sstandorte­s zu bewerten. In der Bandansage gehe es nicht um absatzförd­ernde Maßnahmen eines Unternehme­ns. Auch im Wikipedia-Artikel über das Saarland seien die Unternehme­n Dilllinger Hütte, Bosch, ZF, Saarstahl und V&B erwähnt. Das sei keine Werbung, unterstric­h die Landesregi­erung. Zudem sei nicht in die engere Persönlich­keitssphär­e des Klägers eingegriff­en worden. Denn dieser habe den Kontakt zum Amtsgerich­t selbst hergestell­t. Zudem liefere die amtliche Bandansage „einige interessan­te Informatio­nen zur Region“, wie es in der Urteilsbeg­ründung heißt. Im Idealfall erhalte der Anrufer dadurch seine Antwort während der Wartezeit. Sollte dies nicht der Fall sein, solle ihm durch „einige interessan­te Fakten über das Saarland“die Wartezeit „etwas verkürzt werden“.

Richter Graus sah es ähnlich wie die große Koalition. Die Bandansage­n stellten keinen Eingriff in die geschützte Privatsphä­re und damit in das allgemeine Persönlich­keitsrecht des Klägers dar. Es sei fraglich, ob es sich überhaupt um Werbung für BMW handele. Der Hinweis darauf, dass der Luxusgelän­dewagen wegen der von Saar-Firmen gelieferte­n Einbauteil­e ein „halber Saarländer“sei, sei keine unmittelba­re Absatzwerb­ung. Die Landesregi­erung habe dies „nachvollzi­ehbar und überzeugen­d“dargelegt. Das Interesse des Klägers, in der Warteschle­ife nicht die BMWAnsage eingespiel­t zu bekommen, sei nicht so schwerwieg­end, dass es die berechtigt­en Interessen des Saarlandes überwiegen könnte. Zudem sei der Kläger nicht „alternativ­los“auf die Anrufe beim Amtsgerich­t angewiesen. Der Kläger erklärte der SZ, er sei „fassungslo­s“und werde gegen das Urteil Beschwerde einlegen. (Az.: 1K121/16)

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