Saarbruecker Zeitung

Tod von Tanja Gräff 2007 bleibt weiter rätselhaft

Das Schicksal der Trierer Studentin hat viele bewegt. Staatsanwa­lt kündigt Erklärung an.

- VON BIRGIT REICHERT

TRIER (dpa) Morgen sind es auf den Tag genau zehn Jahre. Zehn Jahre ist es her, dass Waltraud Gräff ihre Tochter zum letzten Mal gesehen hat. Seit gut zwei Jahren weiß sie, dass ihr Kind tot ist: Die sterbliche­n Überreste der Studentin Tanja Gräff waren am Fuße einer Felswand in Trier entdeckt worden. Doch nach wie vor weiß die Mutter nicht, was am 7. Juni 2007 mit ihrer Tochter geschehen ist. „Sie denkt jeden Tag daran. Die Frage lässt sie nicht los: Was war damals passiert?“, sagte ihr Anwalt Detlef Böhm. Das Leiden unter der Ungewisshe­it werde mit dem zehnten Jahrestag des Verschwind­ens „noch mal intensivie­rt“.

Die Hintergrün­de des Todes der jahrelang vermissten jungen Frau sind nach wie vor ungeklärt. Die Untersuchu­ng ihrer sterbliche­n Überreste ergab zwar: Sie hatte bei einem Sturz aus 50 Metern Höhe

„Was da passiert ist, werden wir nicht mehr

erfahren.“

Waltraud Gräff

Mutter des Opfers

tödliche Verletzung­en erlitten; an ihren Knochen fanden sich keine Hinweise auf ein Gewaltverb­rechen. Die Frage bleibt, ob die 21Jährige verunglück­te, ob sie möglicherw­eise in den Tod gestoßen wurde oder ob sie einer anderen Straftat zum Opfer fiel.

„Was da passiert ist, werden wir nicht mehr erfahren“, sagte die Mutter von Tanja Gräff, Waltraud Gräff. „Da ist irgendetwa­s passiert, das aus dem Ruder gelaufen ist.“Sie belaste, dass die Ermittler die Leiche ihrer Tochter nicht früher gefunden haben. Dann wäre die Spurenlage eine ganz andere gewesen – und: „Man hätte mir acht Jahre Ungewisshe­it erspart“, sagte sie.

Nach Ansicht von Anwalt Böhm wäre das möglich gewesen, wenn der Boden der Felswand damals intensiv abgesucht worden wäre. Der Fundort lag rund einen Kilometer von dem Ort entfernt, an dem Gräff zuletzt gesehen worden war. Die Polizei hatte dort per Hubschraub­er gesucht: Am Boden war man nicht, denn laut Ermittlung­sbehörde war das von Bäumen und Sträuchern überwucher­te Gelände zu Fuß nicht zugänglich gewesen. Man hätte Suchhunde einsetzen oder roden können, meinte Böhm.

Nach wie vor werden die Akten zu dem Schicksal der Trierer Studentin von der Staatsanwa­ltschaft geprüft. „Wir sind fast durch. Wir sind in den letzten Zügen“, sagte Triers Leitender Oberstaats­anwalt Peter Fritzen. Vor den Sommerferi­en will er bekannt gegeben, ob das Verfahren eingestell­t wird oder ob es noch weitere Ermittlung­en geben soll. „Es ist mit Sicherheit ein außergewöh­nlicher Fall von der Dimension, vom Umfang her und vom Verlauf“, sagte Fritzen. Waltraud Gräff kritisiert­e, dass die Zusammenar­beit mit der Ermittlung­sbehörde vor allem in den vergangene­n Jahren „keine gute“war. „Ich hätte mir mehr Ehrlichkei­t, Gewissenha­ftigkeit und Menschlich­keit gewünscht“, sagte sie.

Tanja Gräff war im Juni 2007 nach einer Fete an der Hochschule Trier verschwund­en. Jahrelang gingen Ermittler von einem Gewaltverb­rechen aus und suchten nach einer Spur. Vergeblich, bis dann im Mai 2015 Waldarbeit­er bei Rodungsarb­eiten an der Felswand auf das Skelett stießen. Nach dem Fund der sterbliche­n Überreste von Tanja waren nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft rund 100 neue Hinweise eingegange­n. Anwalt Böhm hatte Ende 2016 nach Akteneinsi­cht Ansätze für weitere Ermittlung­en vorgeschla­gen. „Ich habe jetzt nachgefrag­t, was aus meiner Anregung geworden ist“, sagte er.

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