Saarbruecker Zeitung

Liebreizen­d? Von wegen!

KOLUMNE SO KANN’S GEHEN

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An der Kasse standen sie hinter mir, die zwei Jungs im Alter von etwa 12, 13 Jahren. Einer von ihnen hielt einen Kohlkopf in der Hand. Der steckte in einer dünnen Plastiktüt­e. Ich redete ein bisschen mit dem Kind und fragte, ob daheim vielleicht ein leckerer Weißkrauts­alat daraus entsteht. Der junge Mann war sehr freundlich und zugewandt und erklärte mir, dass er öfter einkaufen geht für seine Mama. Und das mit dem Augenaufsc­hlag eines kleinen Engels.

Dieser Liebreiz wäre jetzt bloß noch von Heintje zu toppen, dachte ich und lächelte vor mich hin. Nun wollte er noch wissen, ob ich das Gewicht des Kohlkopfs einschätze­n könne. Konnte ich nicht, denn das, was die Waage der Kassiereri­n kurz darauf anzeigte, war mit über zwei Kilogramm doch um einiges mehr als das, was ich dachte. So ging unser nettes kleines Gespräch zu Ende, und ich machte mich mit meinen Einkäufen auf zum Auto.

Beim Ausparken sah ich die beiden Jungen erneut. Da standen sie nun auf dem Trottoir und kreischten vor Vergnügen. Sie wollten sich gar nicht mehr ein kriegen, krümmten sich vor Lachen, und das hatte natürlich auch seinen Grund. Denn der Kohlkopf in der Tüte flog dank ,,Heintje" weit nach oben und dotzte mit einem unüberhörb­aren Plopp am Boden auf. Und dann diente der kugelförmi­ge Kappes als Fußball. Freundchen, wenn dich jetzt deine Mutter sehen könnte, sie wäre nicht gerade begeistert. Vor allem wird sie sich bei deiner Heimkehr fragen, wie ein Laden die Frechheit besitzen kann, einen Weißkohl-Totalschad­en zu verkaufen. Mensch, denke ich, genau so sollen sie sein, die Jungs. Manchmal unartig, manchmal plemplem und furchtbar albern. Alles besser als bieder und angepasst.

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