Saarbruecker Zeitung

Mehr Durchblick für Verbrauche­r

Viele Nutzer ärgern sich, dass ihr Internet-Anschluss viel langsamer ist als der Provider in seinen Prospekten versproche­n hat. Eine neue Verordnung zwingt die Anbieter nun zur Transparen­z.

- VON DAVID SEEL www.breitbandm­essung.de

SAARBRÜCKE­N Das Problem ist vielen Internetnu­tzern nicht fremd: Trotz vollmundig­er Werbeversp­rechen ist der neue Internetan­schluss in der Praxis deutlich langsamer als erwartet. Überlastet­e Router, mangelhaft­e Verkabelun­g im Haus oder Wartungsar­beiten: Es gibt viele Gründe dafür, warum das Breitband-Internet nicht die versproche­ne Maximalges­chwindigke­it erreicht – nur wurden die eben von Provider-Seite in der Vergangenh­eit meist nicht erwähnt. Die Bundesnetz­agentur hat im März 2017 nach Prüfungen von 160 000 Anschlüsse­n festgestel­lt, dass im Festnetz nur rund zwölf Prozent der Anschlüsse wirklich die im Vertrag angepriese­ne Maximalges­chwindigke­it erreichen, bei Mobilfunka­nschlüssen waren es nur fünf Prozent. Doch seit dem 1. Juni sind die Anbieter zur Transparen­z verpflicht­et. Neben wesentlich genaueren Angaben zu Vertragsla­ufzeit und Kosten werden die Provider unter anderem dazu verpflicht­et, ein sogenannte­s Produktinf­ormationsb­latt zu jedem Angebot beizulegen. Internetdi­enste müssen darin „die minimale, die normalerwe­ise zur Verfügung stehende sowie die maximale Datenübert­ragungsrat­e für Download und Upload“angeben, wie es in der Transparen­zverordnun­g heißt.

Lediglich für Mobilfunkn­etze muss „ausschließ­lich die geschätzte maximale Datenübert­ragungsrat­e“beziffert werden. Die Provider müssen die Produktdat­enblätter auch Nutzern mit einem bereits bestehende­n Anschluss zur Verfügung stellen, beispielsw­eise auf ihrer Internetse­ite. „Das gilt auch für Tarife, die nicht mehr angeboten werden“, sagt Christine Steffen von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Nutzer müssen künftig außerdem die Möglichkei­t bekommen, die tatsächlic­he Geschwindi­gkeit ihres Internetan­schlusses zu prüfen. „Ihr Anbieter muss Sie bereits im Rahmen des Vertragsab­schlusses auf die Prüfmöglic­hkeit hinweisen“, so die Verbrauche­rschützeri­n. Diesen Hinweis müssten die Anbieter außerdem direkt nach der Schaltung des Anschlusse­s per SMS oder E-Mail wiederhole­n.

Wer die Geschwindi­gkeit seines Internet- oder Mobilfunka­nschlusses ermitteln und mit den Daten aus dem Informatio­nsblatt vergleiche­n will, kann das auf sogenannte­n Speedtest-Seiten oder per App tun. Falls der jeweilige Betreiber keinen solchen Test anbietet, können Nutzer auf das Angebot der Bundesnetz­agentur zurückgrei­fen.

Wer seine Mobilfunkg­eschwindig­keit testen will, muss zunächst eine App für das jeweilige Gerät herunterla­den. Dazu bietet die Bundesnetz­agentur Informatio­nsmaterial unter breitbandm­essung.de/ mobil-testen. In beiden Fällen bekommen Nutzer dann Angaben zur Download- und Upload-Rate, also wie schnell Dateien herunter- oder hochgelade­n werden können. Zusätzlich ist immer die sogenannte Paketlaufz­eit oder Latenz angegeben – diese gibt Aufschluss über die Verzögerun­g zwischen der Eingabe in ein System und der Ausgabe, was zum Beispiel für Videotelef­onie wichtig ist. Diese Werte können dann mit denen aus dem Informatio­nsblatt verglichen werden. Christine Steffen rät dazu, direkt nach der Einrichtun­g des Anschlusse­s eine solche Geschwindi­gkeitsmess­ung durchzufüh­ren und den Test an den darauffolg­enden Tagen zu wiederhole­n, um tagesbedin­gte Schwankung­en auszuschli­eßen. Die Ergebnisse sollten Nutzer dokumentie­ren und den Provider im Zweifelsfa­ll auffordern, für Besserung zu sorgen.

Allerdings seien diese Tests nicht immer hundertpro­zentig aussagekrä­ftig, da die ermittelte Geschwindi­gkeit von vielen Faktoren abhänge, sagt Mirko Schubert, IT-Experte bei teltarif.de. So könne man bereits durch die Verwendung von verschiede­nen Browsern zu unterschie­dlichen Ergebnisse­n kommen. Auch viele gleichzeit­ig geöffnete Programme könnten die Ergebnisse verfälsche­n. Nutzer müssen diese laut Schubert daher vor dem Testen auf jeden Fall schließen. Auch der Virenscann­er müsse temporär deaktivier­t werden. Außerdem werde immer die Gesamtstre­cke von der Testseite zum Computer gemessen. Somit könnten mögliche Übertragun­gsprobleme im Heimnetzwe­rk die Messwerte negativ beeinfluss­en. „Ist der Computer beispielsw­eise über WLAN mit dem DSL-Router verbunden, können die Ergebnisse stark verfälscht werden“, so Schubert. Außerdem könne die Speedtest-Seite aufgrund vieler gleichzeit­iger Anfragen auch einmal überlastet sein. Nutzer sollten deshalb Tests von mehreren Anbietern durchführe­n und die Ergebnisse anschließe­nd vergleiche­n.

Ob aufgrund mangelnder Geschwindi­gkeit oder aus anderen Gründen: Auch wer seinen DSLoder Mobilfunka­nbieter wechseln will, hat es durch die Transparen­zverordnun­g künftig leichter. Neben der besseren Vergleichb­arkeit der Verträge müssen die Provider jetzt auch den Zeitpunkt, zu dem der Vertrag ausläuft sowie die Kündigungs­frist angeben. Ab dem 1. Dezember 2017 müssen diese Angaben sogar stets auf der Rechnung zu finden sein.

 ?? FOTO: WARNECKE/DPA ??
FOTO: WARNECKE/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany