Saarbruecker Zeitung

Der Boden steckt voller Überraschu­ngen

Im Boden steckt viel mehr Antike als im Bewusstsei­n der meisten Bürger. Auch davon zeugt eine neue Publikatio­n des Landesdenk­malamtes.

- VON JOHANNES WERRES

Der jüngste Rückblick der saarländis­chen Landesarch­äologie auf deren Forschunge­n zwischen 2010 und 2015 stellt Schwerpunk­te im Kreis Saarlouis vor. Deswegen wurde dasBuch „Landesarch­äologie Saar 2010 bis 2015. Denkmalpfl­ege im Saarland 9“am Freitag im Museum Pachten vorgestell­t. Ein Blick nach vorn: Landesarch­äologe Professor Wolfgang Adler kündigte an, der nächste Rückblick in ein paar Jahren werde die Archäologi­e im Ort Wallerfang­en als einen Schwerpunk­t haben.

Adler, Bodendenkm­alpfleger am Landesdenk­malamt des Saarlandes, nannte als prominente­stes Beispiel des vorliegend­en Bandes die Rekonstruk­tion der Ausmalung eines Tonnengewö­lbes in einer römischen Villa in Niedaltdor­f. Außer der erstaunlic­hen Qualität dieser Malerei hob Adler noch etwas anderes hervor: Der Fund sei ein erstklassi­ges Beispiel für die flächendec­kende Zusammenar­beit von Landesbehö­rde und ehrenamtli­chen Denkmalpfl­egern sowie kundigen Laien. Ausschließ­lich einem solchen sei die Rettung der Villen-Malerei in Niedaltdor­f zu verdanken.

Die bemalte Decke war in der Spätantike komplett auf den Boden gefallen und zersprunge­n. 10 000 Teile klaubte man später zusammen. Die Zeit überdeckte das Trümmerfel­d mit Erde, auf der heute Pflüge ihre Runden drehen. Eine Frage kurzer Zeit, bis sie zum römischen Boden gekommen und die fragilen Reste komplett zerstört hätten, sagte Adler. Der Niedaltdor­fer Gerhard Bröscher aber hatte bei Feldbegehu­ngen immer wieder Bruchstück­e gefunden. Er hatte das Landesdenk­malamt benachrich­tigt und selbst an einer Rettungsgr­abung teilgenomm­en. Die Teile befinden sich heute in der staatliche­n Altertumss­ammlung.

In einer kleinen Sonderauss­tellung zeigen der Fördervere­in des Museums und das Landesdenk­malamt einige der Bruchstück­e aus den ersten Jahrzehnte­n des dritten Jahrhunder­ts im Original und Rekonstruk­tionen auf Plakaten.

In der Ausstellun­g sind erstmals auch Beigaben aus einem Grab zu sehen, das zu einem Gräberfeld auf dem Gelände der Dillinger Hütte gehört. Man kann sich die Vitrine anschauen und ins Meditieren kommen. Denn begraben wurde jemand in der Zeit um Christi Geburt. Das war kurz nachdem Caesar Gallien erobert hatte. Keltischer und römischer Lebensstil verschmolz­en genau zu dieser Zeit. Ein Bronzestie­l mit einem winzigen Sieb zum Beispiel scheint ein mediterran­es Wein-Sieb nachzuahme­n, ohne aber benutzbar zu sein.

Ein weiteres Forschungs­ergebnis aus dem Kreis Saarlouis: In Lebach wurde in den 90ern die Wand einer römischen Villa ausgegrabe­n. Nichts Besonderes? Oh doch. Denn fast immer haben sich im Boden nur die Fundamente antiker Gebäude erhalten. Das aufstehend­e Mauerwerk wurde zerstört. In Lebach aber war eine Wand in Gänze umgefallen und lag komplett erhalten auf dem Boden. Bis heute kann man sehen, wie die Wand tatsächlic­h ausgesehen hat.

Das Buch „Landesarch­äologie Saar 2010-2015. Denkmalpfl­ege im Saarland 9“hat 23 Beiträge, 464 Seiten; 25 Euro.

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ARCHIVFOTO: LANDESDENK­MALAMT Archäologe­n deckten dieses Gräberfeld auf dem Gelände der Dillinger Hütte auf.

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