Saarbruecker Zeitung

Telefonier­en und Surfen wie zu Hause

Viel-Reisende können sich freuen: Ab dem 15. Juni entfallen in der EU die Roaming-Gebühren. Aber Achtung: Einige Tarifmodel­le bergen Tücken.

- VON DETLEF DREWES

EU-Verbrauche­r können aufatmen: Die bisherigen Zuschläge, die die Provider für das Weiterleit­en von Telefonate­n, Kurznachri­chten oder Daten durch ein Fremdnetz berechnet haben, fallen ab dem 15. Juni weg. Die genutzten Dienste werden mit dem heimatlich­en Vertrag abgegolten. Wer also eine Flatrate für Telefonate und Daten hat, braucht keine Zusatzkost­en mehr zu fürchten – egal ob er auf Mallorca Urlaub macht, in Frankreich studiert oder in einem grenznahen Bereich wohnt, wo die Netzverbin­dungen mal vom heimischen, mal vom Unternehme­n im Nachbarlan­d hergestell­t werden. Die Vereinbaru­ng gilt für alle 28 EU-Mitgliedst­aaten.

Island, Norwegen und Liechtenst­ein werden die Regelung in den Tagen nach dem 15. Juni ebenfalls übernehmen. Die Nicht-EU-Staaten Schweiz und Türkei sind nicht dabei. Wer bei seinem Anbieter bereits einen Spezialtar­if gebucht hat, sollte Folgendes beachten: Die Provider haben zugesagt, Spezialtar­ife und Zusatzpake­te entweder automatisc­h auslaufen zu lassen oder aber den Kunden vorher zu fragen.

Allerdings ist es auch nach dem 15. Juni nicht möglich, das deutsche Handy dauerhaft im EU-Ausland ohne Zusatzkost­en zu betreiben. Bisher gilt nämlich die Faustregel, dass der Verbrauche­r länger im Heimatnetz eingebucht sein muss als in einem ausländisc­hen. Konkret dürfte das so aussehen, dass die Mobilfunku­nternehmen nach einem nicht unterbroch­enen, viermonati­gen Aufenthalt in einem anderen Land den Verbrauche­r anrufen und befragen. Eine Reihe von Anbietern haben inzwischen reine Deutschlan­d-Tarifmodel­le im Angebot. Diese funktionie­ren ausschließ­lich in der Bundesrepu­blik und sind deshalb deutlich billiger.

Besonders aufpassen müssen nicht nur Kunden mit Prepaid-SIM-Karten, sondern auch alle, die ein Gebührenmo­dell mit fest vereinbart­en Kontingent­en haben. Denn wenn diese während eines Aufenthalt­s in einem anderen EU-Land aufgebrauc­ht sind, dürfen die Provider doch wieder einige Zuschläge verlangen. Diese betragen derzeit 3,2 Cent pro Minute für einen Anruf nach Hause (alle Angaben plus Mehrwertst­euer), ein Cent für eine SMS ins heimische Netz und maximal 7,70 Euro pro Gigabyte Datenvolum­en. Ein Beispiel aus der Kalkulatio­n der Unternehme­n: Wer zu Hause einen Vertrag über unbegrenzt­es Telefonier­en, SMS und drei Gigabyte an Daten für 30 Euro gebucht hat (inklusive Mehrwertst­euer), darf dieses Daten-Kontingent auch in der EU verbrauche­n. Übersteigt er diese Menge, fallen Zusatzgebü­hren an.

Wer jedoch eine Kreuzfahrt entlang der Küsten der EU geplant hat, sollte beachten, dass die Abschaffun­g der Roaming-Gebühren nicht auf hoher See gilt. Denn die Mobiltelef­one verbinden sich dann mit dem Bordnetzwe­rk des Schiffes. Man sollte auf hoher See daher die automatisc­he Netzwahl abschalten. Vor überhöhten Mobilfunk-Rechnungen sind Verbrauche­r weiterhin geschützt: Wenn der Daten-Konsum die Grenze von 59,99 Euro überschrei­tet, muss der Provider den Kunden darauf hinweisen und fragen, ob er ein Überschrei­ten hinnehmen will. Verneint der Kunde, kann er nicht mehr surfen. Akzeptiert er, muss er mit höheren Gebühren rechnen.

Zukunftsmu­sik bleibt, mit dem Handy am Strand Filme aus dem Netflix- oder Amazon-Abo zu schauen oder Fußball via Sky Go. Der Grund: Hier geht es nicht nur um Roaming-Zuschläge, sondern um die Rechte an den Angeboten. Die Europäisch­e Union regelt dies gerade in einer neuen Richtlinie, die im Jahr 2018 in Kraft treten soll. Wer trotzdem den Streaming-Anbieter aufruft, wird vielerorts auf den Hinweis „Das Angebot ist in Ihrem Land nicht verfügbar“treffen.

Sollte der Mobilfunka­nbieter in der ersten Rechnung nach dem 15. Juni doch noch Roaming-Gebühren in Rechnung stellen und den Fehler nicht einsehen, können sich Kunden in Deutschlan­d an die Bundesnetz­agentur (www.bundesnetz­agentur. de) wenden.

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FOTO:IMAGO Endlich! Ab Mitte Juni können Verbrauche­r ihr Handy in der EU genauso günstig nutzen wie in der Heimat.

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