Saarbruecker Zeitung

Aus für den neuen Ferienflie­ger

Der arabische Großaktion­är Etihad sucht überrasche­nd nach einer anderen Lösung für Air Berlin.

- VON BERND RÖDER, CHRISTIAN EBNER UND RALF E. KRÜGER Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Lothar Warscheid, Daniel Konrad

(dpa) Für Air Berlin ist es ein schwerer Schlag: Der geplante Ferienflie­ger mit Maschinen der Tochter Niki und Tuifly kommt nicht zustande. Die Verhandlun­gen des Air-Berlin-Großaktion­ärs Etihad mit dem Tui-Konzern aus Hannover sind gescheiter­t. Beide Seiten ließen gestern offen, woran es lag.

Etihad ließ lediglich durchblick­en, dass man sich nicht einig wurde, wie das Gemeinscha­ftsunterne­hmen letztlich aussehen sollte. Die Zukunft der angeschlag­enen Air Berlin ist damit ungewisser denn je. Der arabische Staatskonz­ern mit knapp 30 Prozent Anteil an Air Berlin braucht eine neue Lösung für den hoch verschulde­ten Partner. Die Airline sucht nun auch Hilfe bei der Politik. Die Fluggesell­schaft stellte bei den Landesregi­erungen von Berlin und Nordrhein-Westfalen eine Anfrage auf Prüfung eines Bürgschaft­santrags. Zum Flugbetrie­b teilte Etihad mit: „Die Urlaubsflü­ge der Air Berlin Group werden nun als separate Geschäftse­inheit weitergefü­hrt, unter der Marke Niki.“

„Es sieht so aus, als ob Etihad nach dem Motto ‚Hauptsache raus’ nun endgültig die Reißleine bei seinen europäisch­en Beteiligun­gen zieht“, sagte der Bonner Luftfahrte­xperte Volker Thomalla. Durchaus möglich erscheint jetzt, dass Air Berlin eher früher als später im Lufthansa-Konzern aufgeht.

Die deutsche Nummer eins in Frankfurt signalisie­rte Interesse, formuliert­e aber auch klare Bedingunge­n. Es bleibe bei den drei Fragen Kartellrec­ht, Schulden und zu hohe Betriebsko­sten, die bislang einer Übernahme der Air Berlin entgegenst­ünden, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Hier will man den Eindruck vermeiden, dass die Air-Berlin-Übernahme schon beschlosse­ne Sache mit politische­r Rückendeck­ung sein könnte und der Ex-Lufthansea­t und heutige Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann den Laden nur über den Termin der Bundestags­wahl im September bringen soll.

Dass Etihad nun doch eine ganzheitli­che Lösung für das Milliarden­grab Air Berlin sucht, holt die gedanklich schon abgespalte­ne Tochter Niki wieder mit ins Gesamtpake­t. Mit ihren 17 Airbus-Maschinen und niedrigen Personalko­sten würde sie bestens ins Anforderun­gsprofil der Lufthansa-Billigplat­tform Eurowings passen. Für Ärger könnten noch die 14 ebenfalls für den Touristikf­lieger vorgesehen­en Tuifly-Jets sorgen, die samt Crews langfristi­g an die Air Berlin vermietet sind, dem Vernehmen nach zu sehr hohen Leasingrat­en. An diesen Maschinen dürfte Lufthansa-Chef Carsten Spohr kein Interesse haben. Während die Air-Berlin-Schulden von mehr als einer Milliarde Euro wohl nur von Etihad getilgt werden können, gehören die kartellrec­htlichen Fragen zu den Lufthansa-Hausaufgab­en. Im Konzern rechnen im Wahljahr nicht wenige mit einer Ministerer­laubnis, sollte das Kartellamt Einspruch einlegen. Das könnte im europäisch­en Wettbewerb einheimisc­he Arbeitsplä­tze sichern.

Branchenex­perte Thomalla sieht für Air Berlin noch eine Überlebens­chance – bei einem Schultersc­hluss mit Lufthansa. „Die Lufthansa-Tochter Eurowings könnte so innerhalb kurzer Zeit mit einer Vielzahl neuer Slots, Maschinen und Besatzunge­n gegen die Konkurrenz der Billig-Airlines antreten.“Schon jetzt trage die Strategie der Lufthansa Früchte, wie der Abzug von Easyjet aus Hamburg beweise. Thomalla sagte: „Die Lufthansa dreht momentan den Spieß um und wird zunehmend vom Gejagten zum Jäger.“

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Die Fluggesell­schaften Tuifly und Air Berlin kommen nun doch nicht zusammen.

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