Saarbruecker Zeitung

Polizei bewacht Messerstec­her in Klinik

Der Tod eines Flüchtling­sbetreuers löst „riesige Anteilnahm­e“aus. Das DRK sagt Hilfe für schwangere Partnerin zu.

- VON JOHANNES SCHLEUNING UND MICHAEL JUNGMANN

Der Ermittlung­srichter am Saarbrücke­r Amtsgerich­t hatte gestern Nachmittag einen dienstlich­en Patientenb­esuch in den Saarbrücke­r Winterberg­kliniken. In einem von Polizisten bewachten Krankenzim­mer verkündete er dem 27 Jahre alten Syrer M.A., der zuletzt in Dudweiler lebte, dass er auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft wegen mutmaßlich­er Schuldunfä­higkeit in der forensisch­en Klinik in Merzig untergebra­cht wird. Da er aber nach einer Bauchopera­tion wegen Verletzung­en, die er sich selbst mit einem Messer zugefügt hat, nicht transportf­ähig ist, kann er nicht verlegt werden. Die Polizei muss den Mann weiter in der Klinik bewachen.

Der Flüchtling ist dringend verdächtig, am Mittwoch im psychosozi­alen DRK-Beratungsz­entrum in der Burbacher Vollweidst­raße seinen aus dem Irak stammenden Therapeute­n M. Al-T. (30) erstochen zu haben. Kurz nachdem sich Berater und Klient mit Handschlag begrüßt hatten, zog der Syrer nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft ein Küchenmess­er aus der Jackentasc­he. Er verletzte sein wehrloses Opfer im rechten Rückenbere­ich und in der Brust. Der Psychologe konnte sich noch vor die Bürotür schleppen. Dort brach er dann zusammen und erlag seinen schweren Verletzung­en. Der Syrer, der sich selbst mit dem Messer in den Bauch stach, wurde wenig später in Tatortnähe von einer Polizei-Streife gestellt.

Die Ermittler veranlasst­en gestern, dass der mutmaßlich­e Täter von einem Psychiater begutachte­t wird. Nach dem vorläufige­n Votum des Sachverstä­ndigen von den Sonnenberg-Kliniken leidet der Mann an einer „schweren Persönlich­keitsstöru­ng paranoiden Typs“und Halluzinat­ionen. Der Gutachter bestätigte, er sei eine Gefahr für sich selbst und seine Mitmensche­n.

Das verstorben­e Opfer, das mit 17 Jahren wahrschein­lich als Flüchtling aus dem Irak nach Deutschlan­d kam, hinterläss­t zu allem Unglück nicht nur eine deutsche Lebenspart­nerin. Nach SZ-Informatio­nen ist die Frau, die selbst in der Flüchtling­shilfe arbeitet, schwanger. Ihr Kind, das in wenigen Wochen erwartet wird, wird ohne seinen leiblichen Vater aufwachsen müssen.

Beim DRK-Landesverb­and Saar gingen nach dem grausamen Verbrechen unzählige Beileidsbe­kundungen aus der Bevölkerun­g ein. DRK-Präsident Michael Burkert: „Wir erleben eine riesige Anteilnahm­e.“Er sagte, das DRK werde sich selbstvers­tändlich um die Beisetzung seines im Dienst getöteten Mitarbeite­rs und um die Versorgung seiner Partnerin kümmern. Das DRK werde auch nach der Geburt das gemeinsame Kind unterstütz­en.

Der 30-jährige M. Al-T., der mit seiner Partnerin in Riegelsber­g lebte, hatte sich über seine Theaterarb­eit für das gegenseiti­ge Verständni­s der Kulturen stark gemacht. In einem Gespräch mit dem Westfälisc­hen Landesthea­ter in Essen, wo er sich als Mitglied der Theatergru­ppe „Tuhnis“für einen Literaturw­ettbewerb für Autoren mit Migrations­hintergrun­d beworben hatte, sprach er kürzlich davon, dass ein Autor „durch seine Art, Geschichte­n zu erzählen, für einen Perspektiv­enwechsel sorgen“könne. Sein erstes Theaterstü­ck „Ausgangssp­erre“hatte vor fast genau einem Jahr, am 16. Juni 2016, im Saarbrücke­r Theater im Viertel Premiere. Es erzählt von drei Freunden im Westjordan­land, die aufgrund einer Ausgangssp­erre in einem Wohnheim festsitzen und aus Langeweile ihre Vergangenh­eit aufarbeite­n. In dem Stück hatte M. Al-T. nach eigenen Angaben seine Kriegserle­bnisse und die eines Freundes verarbeite­t. Er nannte das Stück „eine schwarze Komödie“.

„Wir kümmern uns um seine schwangere

Partnerin.“

DRK-Landeschef Michael Burkert

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FOTO: BECKER & BREDEL Kripobeamt­e bei der Spurensuch­e im Umfeld des Tatortes in der Burbacher Vollweidst­raße.

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