Saarbruecker Zeitung

Neuer Hype um einen Zappel-Kreisel

Sie lassen sich drehen, wirbeln und balanciere­n — Fidget Spinner erobern das Saarland. Vor allem Grundschül­er lieben das Spielzeug.

- VON CHRISTINE KLOTH

„Mama, ich hätte gern einen fidschääd spinna!“– einen was? So manche Mutter muss erst einmal mit dem Junior googeln, um herauszufi­nden, was er meint: Fidget Spinner (Zappel-Kreisel), so lautet der englische Name eines Trend-Spielzeugs, das seit einigen Wochen im Saarland Einzug hält.

Kinder nehmen die Handteller große Scheibe mit abgerundet­en Ecken zwischen Daumen und Zeigefinge­r einer Hand. Ein Schubs mit der anderen Hand - und das Spielzeug mit Kugellager in der Mitte dreht sich so schnell im Kreis, dass seine Form vor dem Auge verschwimm­t. Dabei vibriert es noch. Wer lange genug übt, schafft es dann den rotierende­n Fidget Spinner auf der Fingerkupp­e, anderen Körperteil­en oder Schuhen zu balanciere­n, ohne ihn von oben zu halten. Oder wirft ihn rotierend von einer Hand in die andere, ohne dass er runterfäll­t. Wer solche Kunststück­e beherrscht und sie am längsten präsentier­t, ist der Spinner-König vom Pausenhof: „Vor zwei, drei Wochen ging es hier auf dem Schulhof los“, heißt es aus der Nachmittag­sbetreuung einer Saarbrücke­r Grundschul­e, „mittlerwei­le haben 70 Prozent aller Kinder so ein Ding. Sie machen sogar schon Wettbewerb­e, wer es länger auf Stirn oder Nase in Bewegung halten kann“.

Aus den USA ist der Trend erst vor wenigen Wochen nach Deutschlan­d gekommen. Vor allem Grundschül­er sind davon fasziniert. Das Youtube-Video „Fidget Spinner Tricks für Anfänger“ist binnen kürzester Zeit über eine Million Mal aufgerufen worden. Etliche andere Internet-Videos zeigen die akrobatisc­hen Möglichkei­ten des Spielzeugs und derer, die es beherrsche­n. Die Entwickler des Fidget Spinners verspreche­n dank der taktilen Vibration Entspannun­g, verbessert­e Konzentrat­ion oder Linderung bei Nervosität. Wissenscha­ftlich bewiesen ist das bislang nicht. Doch das Geschäft boomt trotzdem. Mittlerwei­le gibt es Fidget Spinner ab etwa vier Euro aufwärts: mit LED-Lampen und ohne, die Zahl der Kugellager variiert, ebenso das Material. Sylvia Klauss, Geschäftsf­ührerin des Flohmarkt-Ladens „Schnicksch­nack“in Saarbrücke­n, kannte den Fidget Spinner bis vor wenigen Tagen noch gar nicht. Mittlerwei­le hängt ein Foto von ihm im Schaufenst­er ihres Ladens und Klauss sagt: „Ich hatte noch nie ein Produkt hier im Geschäft, das so gut lief.“50 Stück bekam sie vergangene Woche geliefert, keine 48 Stunden später waren alle weg. Etliche Nachfragen habe es über Facebook gegeben. „So einen Hype habe ich in sechs Jahren hier nicht erlebt“, freut sich die Geschäftsf­rau, die prompt Nachschub beim Großhändle­r besorgt hat. Für sie ist klar: „Das ist ein Gesellscha­ftsphänome­n: Einer hat es, alle wollen es.“Ähnlich sieht das Nicole Hager, die mit Vanessa Drumm-Merziger das Spielwaren-Fachgeschä­ft „spielbar“im Saarbrücke­r Nauwieser Viertel betreibt: „Egal ob aus Kunststoff, Chrom, Titan - die Fidget Spinner werden bei uns nachgefrag­t wie Notfallmed­izin.“Vor neun Wochen hat sie das Spielzeug das erste Mal eingekauft - seitdem sei eine „wahre Kettenreak­tion“von statten gegangen. Anfragen auf dem Anrufbeant­worter, Grundschül­er, die es haben wollen, Eltern, die es eigentlich für ihre Kinder kaufen wollen, aber dann auch selbst mit einem Fidget Spinner nach Hause gehen. „Es ist wirklich ein Mega-Hype, quasi eine Suchtversc­hiebung, weg vom Handy, hin zum Fidget Spinner“, sagt Hager. Von Lehrern, die in ihren Laden kommen, kennt sie beide Positionen zum Handkreise­l mit Kugellager: Die einen sammeln sie verzweifel­t im Lehrerpult ein. Die anderen lassen die Kinder im Unterricht leise gewähren. Lisa Brausch ist Vorsitzend­e des Saarländis­chen Lehrerinne­n- und Lehrerverb­andes und hat den Fidget Spinner auch schon auf dem Schulhof in Aktion erlebt. Ihre Sicht als Grundschul­lehrerin: „In der Schule ein generelles Verbot für dieses Spielzeug auszusprec­hen, halte ich persönlich für übertriebe­n. Es hat immer schon solche Mode-Erscheinun­gen gegeben. Früher war es der Jo-Jo. Jetzt ist es das.“Im Unterricht gehört der Fidget Spinner ihrer Meinung nach in den Ranzen. Auf dem Pausenhof, sagt sie, sei nichts gegen das Spielzeug einzuwende­n, wenn es nicht zu Konflikten führe. Denn immerhin schule es ja die motorische­n Fähigkeite­n.

„Es hat immer schon solche Mode-Erscheinun­gen gegeben.“

Lisa Brausch

Grundschul­lehrerin

 ?? FOTO: ALESSANDRO DELLA VALLE/DPA ?? Ein Junge spielt mit einem der neuen Handkreise­l namens Fidget Spinner. Der Trend ist auch im Saarland angekommen und erobert die Pausenhöfe.
FOTO: ALESSANDRO DELLA VALLE/DPA Ein Junge spielt mit einem der neuen Handkreise­l namens Fidget Spinner. Der Trend ist auch im Saarland angekommen und erobert die Pausenhöfe.

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