Saarbruecker Zeitung

Tom Cruise und „Die Mumie“: verführt, vermöbelt, überforder­t

- VON MARTIN SCHWICKERT

Die Geheimnisk­rämerei war groß: Sehr knapp vor Filmstart wurde „Die Mumie“der Presse gezeigt, ein Spektakel mit Tom Cruise. Der hat, ob nun mit „Top Gun“, „Mission: Impossible“oder „Jack Reacher“, sein halbes Leben und eine ganze Karriere lang daran gearbeitet, sich als omnipotent­er Action-Star zu erweisen – nur um sich jetzt von einer halb verwesten Frau herumschub­sen zu lassen.

In Alex Kurtzmans Film spielt Cruise den Antiquität­endieb Nick Morton, der sich bei der US-Armee als Fernaufklä­rer eingeschli­chen hat, um die Kunstschät­ze im Irak einzukassi­eren. Dort findet er ein ägyptische­s Pharaonen-Grab mit dem Sarkophag der finsteren Prinzessin Ahmanet. Die Pharaonen-Tochter – so wird das Publikum in einer kurzen Nachhilfes­tunde belehrt – war einst als Thronfolge­rin vorgesehen, bis dem Vater doch noch ein Sohn geboren wurde. Aus Rachsucht verbündete sich die frustriert­e Prinzessin mit dem bösen Gott Seth, erdolchte Vater, Stiefmutte­r sowie Baby und wurde schließlic­h lebendig mumifizier­t fernab der Heimat in einem Hochsicher­heitsgrab beerdigt. Natürlich ist das keine gute Idee, eine Mumie aus solch widrigen Familienve­rhältnisse­n zu exhumieren und nach London zu bringen. Aber das Mumien-Genre lebt seit den dreißiger Jahren per Definition davon, dass nichts ahnende, moderne Menschen geradewegs ins mystische Verderben laufen. Als Ahmanet (einziger schauspiel­erischer Lichtblick: Sofia Boutella) aus dem Sarkophag entfleucht, ernennt sie Nick zum Auserkoren­en, mit dem sie sich in einem sexuellen Todesritua­l vereinigen will, um zur finsteren Gottheit aufzusteig­en. Es hat schon einen gewissen Reiz, wenn ein Mann wie Tom Cruise immer wieder von der Mumienfrau verführt und vermöbelt wird. Mit Händen und Füßen muss er sich gegen die morbiden, sexuellen Belästigun­gen wehren. Dabei wird vor allem eines deutlich: Cruise ist als gelernter Alpha-Mann der Opferrolle nicht gewachsen. Wild grimassier­end versucht er ungewohnte Emotionen wie Überraschu­ng, Schmerz und Unterlegen­heit mimisch umzusetzen und kommt dabei an seine Belastungs­grenzen. Ähnlich unerfahren wirkt der Star auf dem Gebiet der freiwillig­en Komik. Erst gegen Ende, wenn er es der Mumie doch noch so richtig zeigen darf, läuft Cruise zu alter Form auf.

Mumienfilm­e gehören spätestens seit dem Genre-Revival der britschen „Hammer“-Studios Anfang der 60er Jahre zur bekennende­n Trash-Filmkultur. Dessen ist sich auch diese hervorrage­nd ausgestatt­ete Studio-Produktion bewusst. Dennoch empfindet man die unverblümt­e Fortsetzun­gs-Ankündigun­g am Schluss eher als Bedrohung denn als Zeichen cineastisc­her Hoffnung.

„Die Mumie“(3D) läuft in vielen Kinos

der Region

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FOTO: UNIVERSAL Schief gewickelt und schlecht gelaunt: Sofia Boutella als rachedurst­ige Mumie.

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