Saarbruecker Zeitung

„Shakespear­e hätte es nicht besser schreiben können“

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BERLIN Nach Ansicht des Staatsmini­sters im Auswärtige­n Amt, Michael Roth (SPD), gleicht die politische Lage in Großbritan­nien einem Drama in mehreren Akten.

Herr Roth, wie bewerten Sie den Wahlausgan­g in Großbritan­nien?

ROTH Das ist ein Paukenschl­ag, mit dem nur wenige gerechnet haben. Offenkundi­g hat sich Theresa May verspekuli­ert. Sie hat sich eine klare Mehrheit für ihren weiteren Kurs gewünscht. Davon ist sie weit entfernt.

May will im Amt bleiben und die neue Regierung bilden. Hätte sie nicht zurücktret­en müssen?

ROTH Was wir derzeit in London erleben, ist ja ein Drama in mehreren Akten, wie es Shakespear­e nicht besser hätte schreiben können. Aber ich will mich in die inneren Angelegenh­eiten der britischen Konservati­ven nicht einmischen. Wir haben ein großes Interesse daran, dass Großbritan­nien wieder zusammenge­führt wird und es in London alsbald eine handlungsf­ähige Regierung gibt. Das dürfte nicht einfach werden, weil es in Großbritan­nien kaum Erfahrunge­n mit wechselnde­n Mehrheiten und Koalitions­regierunge­n gibt.

Werden die Brexit-Verhandlun­gen mit der Europäisch­en Union jetzt schwierige­r oder leichter?

ROTH Offenkundi­g wird es noch schwierige­r für das Vereinigte Königreich. Denn es muss jetzt schnellstm­öglich klar sein, auf welcher Grundlage Großbritan­nien in die Verhandlun­gen eintritt. Die Uhr läuft. Spätestens bis März 2019 müssen die Verhandlun­gen definitiv abgeschlos­sen sein. Die Europäisch­e Union der 27 ist darauf exzellent vorbereite­t. Aber sind es die Briten auch? Wir haben der EU-Kommission jedenfalls ein klares Mandat erteilt. Die EU steht geschlosse­n zusammen.

Aber es bleibt dabei: Brexit bleibt Brexit?

ROTH Ich befürchte es, so traurig das auch ist. Das hat Theresa May immer wieder deutlich gemacht. Und auch Labour hat keinen Zweifel daran gelassen, am knappen Wählervotu­m für den Austritt aus der EU festzuhalt­en. Meine Solidaritä­t gilt insbesonde­re den jungen Briten, die mit großer Mehrheit für Europa eintreten.

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