Internet-Versicherungen für jedermann
Immer mehr Unternehmen bieten auch für Privatpersonen Versicherungen gegen im Netz entstandene Schäden an. In vielen Fällen sind Verbraucher aber durch bereits bestehende Policen geschützt. Dann lohnt sich die Investition kaum.
SAARBRÜCKEN Im Zuge der jüngsten globalen Cyberattacken drängt sich die Frage auf, wie man sich vor Angriffen im Netz schützen kann. Gefahren birgt das Internet genug: Schadsoftware, Identitäts-Diebstahl und Cyber-Mobbing sind nur einige davon. Laut einer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung veröffentlichten repräsentativen Studie wurden in Deutschland allein im Jahr 2015 14,7 Millionen Straftaten über das Internet begangen. Der größte Teil davon, 63 Prozent, lässt sich demnach auf Delikte im Zusammenhang mit Schadsoftware zurückführen.
Damit sich Nutzer vor digitalen Angriffen schützen können, bieten immer mehr Versicherungsgesellschaften sogenannte Internet- oder Cyber-Versicherungen an. Für große Unternehmen, die mit vertraulichen Daten arbeiten und die davon abhängig sind, dass sich diese jederzeit abrufen lassen, sind sie überlebenswichtig. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft ist der Markt für privaten Cyber-Schutz in Deutschland derzeit noch relativ klein. Denn da solche Absicherungen auch für Privatkunden je nach Anbieter oftmals mehr als 100 Euro im Jahr kosten können, sind viele Verbraucher verunsichert, ob sich der Abschluss einer Internet-Versicherung im Endeffekt auch wirklich lohnt.
Einige Schäden, die Privatpersonen im Netz erleiden können, werden oft durch die gängigen Versicherungspolicen abgedeckt, erklärt Philipp Opfermann, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Leite man beispielsweise aus Versehen ein Virus an eine andere Person weiter, deren Computer davon Schaden nimmt, greife meist die Haftpflichtversicherung. Im Falle eines Rechtsstreits aufgrund von Online-Aktivitäten helfe eine Rechtsschutzversicherung. Und einige Hausratsversicherungen greifen sogar bei Schäden durch Phishing-Attacken.
Diese Policen gehören für die meisten Menschen bereits zum Standard, in vielen Fällen von Cyber-Kriminalität wären sie also auch ohne weiteren Schutz abgesichert. Bevor sie vorschnell eine Internet-Versicherung abschließen, sollten Verbraucher laut Opfermann deshalb ihren bestehenden Versicherungsschutz überprüfen, um unnötige Doppelabsicherungen zu vermeiden. Auch wenn Cyber-Kriminalität noch in keiner Police inbegriffen sei, könnten diese oft um die Option Internet-Sicherheit erweitert werden, sodass kein komplett neuer Vertrag abgeschlossen werden müsse.
Allerdings decken die gängigen Versicherungen nicht alle Facetten der Cyber-Kriminalität ab. So bieten spezielle Internet-Versicherungen häufig Unterstützung bei der Datenwiederherstellung an, beispielsweise nach einer Virenattacke, erstatten Kosten für die Entfernung rufschädigender Inhalte in sozialen Medien und helfen durch psychologische Beratung bei Cybermobbing.
Eine Internet-Versicherung greift allerdings in der Regel nicht bei Fällen von Urheberrechtsverletzung: Lädt ein Nutzer also beispielsweise illegal Musik aus dem Netz auf seinen Computer oder veröffentlicht ein Foto auf seiner Facebook-Seite, ohne die Erlaubnis aller darauf erkennbaren Personen eingeholt zu haben, muss er im Falle einer Abmahnung für den entstandenen Schaden selbst aufkommen.
Laut Philipp Opfermann zählt eine Internet-Versicherung nicht zu den wichtigsten Absicherungen: „Das Geld ist sinnvoller in ein gutes Antiviren-Programm investiert.“Er rät Verbrauchern dazu, sich erst einmal zu vergewissern, dass alle wirklich wichtigen Versicherungen, wie beispielsweise die Haftpflichtversicherung, abgeschlossen sind. „Dann kann ich mir überlegen, ob mir eine zusätzliche Internet-Versicherung tatsächlich Vorteile bringen würde.“
Außerdem gilt laut dem Versicherungsexperten im Netz wie auch offline: den gesunden Menschenverstand einschalten und eine gewisse Vorsicht an den Tag legen. Dann sei eine Cyber-Versicherung in den meisten Fällen überflüssig.
„Das Geld für eine Cyber-Versicherung ist sinnvoller in ein gutes Antiviren-Programm
investiert.“
Philipp Opfermann
Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen