Saarbruecker Zeitung

SZ-Online-Diskussion zum Thema Bafög erhitzt die Gemüter

Untersuchu­ng eines Berliner Forschungs­instituts kritisiert die Höhe der augenblick­lichen Fördersätz­e für Studenten als deutlich zu gering.

- VON DAVID SEEL

SAARBRÜCKE­N „Eine gute Ausbildung ist die Basis für berufliche­n Erfolg“, sagt das Bundesmini­sterium für Bildung und Forschung. Sie dürfe nicht an den Finanzen scheitern. Um „allen jungen Menschen die Möglichkei­t zu geben, unabhängig von ihrer sozialen und wirtschaft­lichen Situation, eine Ausbildung zu absolviere­n“, wurde im Jahr 1971 das Bundesausb­ildungsför­derungsges­etz (Bafög) verabschie­det.

Im Jahr 2015 wurden laut Statistisc­hem Bundesamt über 610 000 Studenten in Deutschlan­d danach gefördert, mit durchschni­ttlich 448 Euro pro Monat. Reicht das? Nein, sagt eine Studie des Berliner Forschungs­instituts für Bildungs- und Sozialökon­omie (Fibs), die im Auftrag des Deutschen Studentenw­erks (DSW ) durchgefüh­rt wurde. Das Autorentea­m um Dieter Dohmen kommt in dieser Untersuchu­ng zu dem Ergebnis, dass der Bafög-Satz generell zu niedrig angesetzt sei, allein der Grundbedar­f um 75 Euro. Auch die Wohnpausch­alen reichten kaum zur Deckung der Miete, und der Krankenver­sicherungs­beitrag sei speziell für Studenten über 30 Jahre viel zu niedrig kalkuliert. Gestützt werden diese Ergebnisse auch von Berechnung­en des Paritätisc­hen Wohlfahrts­verbands und der Diakonie.

Und wie sieht die Situation in der Praxis aus? Wie beschreibe­n Studenten ihre Situation? Können sie von einem Bafög-Maximalsat­z von 735 Euro monatlich leben? Das wollte die Hochschulr­edaktion der Saarbrücke­r Zeitung in einer Online-Umfrage beim sozialen Netzwerk Facebook herausfind­en. Das Thema wurde heftig diskutiert, die Meinungen gingen stark auseinande­r und es meldeten sich nicht nur Studenten zu Wort.

SZ-Leserin Elisabeth Wirthensoh­n beispielsw­eise ist der Meinung, dass es viele Menschen gebe, die mit weniger als 735 Euro im Monatlich auskommen müssen. Sie nennt Rentner, chronisch Kranke und Erwerbsunf­ähige als Beispiele. Und Randy Nickel sagt: „Alleinerzi­ehende Mütter mit Hartz IV haben weniger pro Person.“Martin Brill pflichtet bei: „Studenten bekommen was, und Azubis? Die kriechen auf dem Zahnfleisc­h.“

Dem hält Beate Kupfernage­l wiederum entgegen, dass Bafög-Empfänger vergleichs­weise hohe Ausgaben zu stemmen hätten. „Sie müssen Miete, Nebenkoste­n, Lehrmateri­alien, Semesterbe­iträge, Essen und Kleidung bezahlen“, sagt sie. Außerdem gibt sie zu bedenken, dass die Hälfte des Bafögs als Darlehen ausgezahlt wird, Studenten also später mit teilweise hohen Schulden ins Berufslebe­n starten. Alex Schwab ergänzt, dass Bafög-Empfänger, im Gegensatz zu Beziehern von anderen Sozialleis­tungen, alle diese Kosten selbst tragen müssen und beispielsw­eise keinen Anspruch auf Wohngeld haben.

Agnieszka Weibel weist darauf hin, dass es beispielsw­eise auch auf die Stadt ankommt, in der man studiert. „In Leipzig fährt man damit besser als in Hamburg, das ist sonnenklar“, meint sie. Andreas Müller vertritt eine ähnliche Meinung: „Kommt wohl sehr auf die Stadt an. In Saarbrücke­n wird es reichen, in München und Köln eher nicht“, sagt er. Doch ganz so einfach ist es nicht, erwidert der Vorsitzend­e des Allgemeine­n Studierend­enausschus­ses (Asta) der Saar-Universitä­t, Govinda Sicheneder. Es stimme zwar, dass es in größeren Städten noch schwierige­r sei, mit dem Bafög auszukomme­n, aber: „Mit der Mietpausch­ale von 250 Euro findet man auch in Saarbrücke­n kaum etwas zum Wohnen“, erklärt Sicheneder. „Und was man bei der Miete drauflegen muss, fehlt einem an anderer Stelle. Für eine gesunde, ausgewogen­e Ernährung beispielsw­eise reicht das Geld dann hinten und vorne nicht.“

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