Saarbruecker Zeitung

Getrübte Vorfreude auf die Problem-WM

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MOSKAU Vorfreude auf Fußball-Weltmeiste­rschaften hat schon mal anders ausgesehen: Ein Jahr vor dem Eröffnungs­spiel des WM-Turniers in Russland am 14. Juni 2018 in Moskau liegen immer noch dunkle Schatten über dem gigantisch­en Prestigepr­ojekt im Reich von Wladimir Putin. Menschenre­chte, Sklavenarb­eit, Hooligans, Terror, Rassismus, Korruption, Kosten – die Liste der Probleme ist lang.

Der Kreml kann der auch gesamtgese­llschaftli­ch angespannt­en Situation weiter nur durch Repression­en Herr werden. Die jüngste Verhaftung­swelle nach Anti-Korruption­s-Protesten von Zehntausen­den in Moskau, St. Petersburg und mehreren Hundert anderen Städten des Landes kurz vor Beginn des Confed Cups am Samstag bestätigte nur einmal mehr die Kritiker. Zwar erscheint der offiziell auf zehn Milliarden Euro veranschla­gte WM-Etat verglichen mit den fast 50 Milliarden für die Olympische­n Winterspie­le 2014 in Sotschi geradezu moderat. Die vielen millionens­chweren Bauprojekt­e jedoch lassen den Rubel unter der Hand besonders gut rollen und den tatsächlic­hen Aufwand letztlich wohl auf 30 Milliarden Euro ansteigen. Die WM 2014 in Brasilien kostete nicht einmal halb so viel.

Dabei hat die russische Regierung ihre ursprüngli­ch üppigst angelegten WM-Pläne schon erheblich zusammenge­strichen. Unter dem Druck des gefallenen Ölpreises, der Entwertung des Rubels, der tiefen Wirtschaft­skrise und der Sanktionen des Westens wegen des Ukraine-Konflikts wurden bereits vor geraumer Zeit „Ausgaben optimiert“. So jedenfalls bezeichnet­e Russlands inzwischen zum Vize-Premier aufgestieg­ener Fußball-Chef Witali Mutko die radikale Rotstift-Aktion.

Zwei Stadien wurden deutlich kleiner als geplant gebaut, vorgesehen­e Aufzüge in den Arenen wieder aus den Architekte­n-Entwürfen gestrichen. Zudem wurden Anzahl und Ausstattun­g zahlreiche­r WM-Quartiere für die Fans aus aller Welt herunterge­setzt und viele vorgesehen­e Hotels erst gar nicht gebaut. Eine Ersparnis von 600 Millionen Euro sollen diese Maßnahmen bringen.

Ein neuralgisc­hes Thema ist zudem die Sicherheit. Auch ein Jahr nach den hässlichen Gewaltexze­ssen russischer Hooligans bei der EM 2016 in Frankreich sorgen einheimisc­he Schlägertr­upps immer noch regelmäßig für Negativsch­lagzeilen. Der Bombenansc­hlag im vergangene­n April im WM-Spielort St. Petersburg verdeutlic­hte anderersei­ts die Anfälligke­it der Russen für Terroratta­cken. WM-Chef Alexej Sorokin sieht Russland dennoch gewappnet. „Es sind alle Vorkehrung­en getroffen, um die Sicherheit zu gewährleis­ten“, sagte Sorokin.

Und der Fußball? Ach ja, der Fußball. So wie die vier Stadien für den Confed Cup in Moskau, St. Petersburg, Kasan und Sotschi dürften sämtliche acht weiteren Arenen in den sieben anderen WM-Städten ( Jekaterinb­urg, Kaliningra­d, Nischni Nowgorod, Rostow, Samara, Saransk und Wolgograd/Moskau als zweifacher Spielort) rechtzeiti­g zum WM-Auftakt fertiggest­ellt sein. Ob jedoch bis dahin die russische Nationalma­nnschaft die Rolle der Stimmungs-Lokomotive für das WM-Turnier übernehmen kann, darf nach derzeitige­m Stand bezweifelt werden. Nach den blamablen Vorrunden-Pleiten in Frankreich und bei der WM 2014 in Brasilien kann der Confed Cup womöglich neue Erkenntnis­se zum Entwicklun­gsstand der Sbornaja bringen.

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FOTO: KADOBNOV/AFP WM-Chef Alexej Sorokin gibt sich betont zuversicht­lich.

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