Saarbruecker Zeitung

Saarland erhält 60 Millionen für digitale Bildung

60 Millionen Euro erhält das Saarland ab 2018 vom Bund für die digitale Bildung. Doch Schulen und Lehrer müssen auch etwas dafür tun.

- VON NORA ERNST

Das Saarland erhält vom Bund ab 2018 für fünf Jahre 60 Millionen Euro für die digitale Ausstattun­g der Schulen. Nach dem Willen von Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) soll das Geld vor allem in eine bessere Breitbanda­nbindung fließen. Nur 15 Prozent der Gemeinscha­ftsschulen und 21 Prozent der Gymnasien verfügen über eine Internetan­bindung mit mehr als 25 Megabit pro Sekunde. Geplant ist zudem, die Medienbild­ung in die Lehrpläne zu schreiben und die Lehrer fortzubild­en. Commerçon mahnte, der Bund dürfe sich mit der Einmalzahl­ung nicht aus der Verantwort­ung stehlen: „Die Kommunen und Schulträge­r wurden viel zu lange vom Bund allein gelassen.“Die Bundesregi­erung müsse auch nach Ablauf der fünf Jahre sicherstel­len, dass die Schulen ihre IT-Ausstattun­g warten und falls nötig ersetzen können.

Vor knapp zwei Jahren muckten Saarlands Schüler auf: Was die IT-Ausstattun­g angehe, herrsche an den meisten Schulen noch tiefste Steinzeit. Was die Schüler schon damals erkannt haben, ist nun auch in der Politik durchgedru­ngen – und das nicht nur im Saarland, sondern bundesweit.

Im Herbst 2016 sagte Bundesbild­ungsminist­erin Johanna Wanka (CDU) den Ländern für einen Zeitraum von fünf Jahren fünf Milliarden Euro zu – für das Saarland wären das 60 Millionen. Mit dem Geld sollen die Schulen mit Breitband-Anbindung, Wlan-Netzen und Geräten ausgestatt­et werden. Im Gegenzug sollen die Länder pädagogisc­he Konzepte aufstellen und die Ausund Fortbildun­g der Lehrer organisier­en.

Tatsächlic­h steht Deutschlan­d beim Thema „Digitale Bildung“im europaweit­en Vergleich nicht besonders gut da. Während sich hierzuland­e 11,5 Schüler einen Computer teilen müssen, sind es zum Beispiel in Norwegen nur 2,4 Kinder. Im Saarland kommen an den Grundschul­en auf einen Computer acht Schüler, an den Gymnasien sogar 13. Das soll sich nun ändern. Und Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) sieht das Land gut vorbereite­t, um den sogenannte­n Digitalpak­t zwischen Bund und Ländern umzusetzen. Zumindest in Teilen ist das Saarland sogar Vorreiter: Als erstes Bundesland hat es Mini-Computer für alle Drittkläss­ler eingeführt, so genannte Calliope-Computer. Auch die ersten beiden „Smart Schools“, modellhaft­e digitale Schulen, sind hier angesiedel­t.

Mit den 60 Millionen, die laut Commerçon ab 2018 fließen könnten, sollen aber nicht alle Schulen mit neuesten Smartphone­s und Tablets, die der Markt zu bieten hat, beliefert werden. „Das wäre ein Fehler, weil sie zwei Wochen später schon nicht mehr aktuell wären“, sagt der Minister. Stattdesse­n sollten die Schulen auf „einfache Standardge­räte“setzen.

Er sieht aber zunächst andere Prioritäte­n: Flächendec­kendes Wlan, eine landesweit­e Bildungscl­oud, also eine digitale Lernplattf­orm, und vor allem eine bessere Breitbanda­nbindung. Schnelles Internet mit mindestens 25 Mbit/s gibt es nur an 15 Prozent der Gemeinscha­ftsschulen und 21 Prozent der Gymnasien. Geplant ist zudem, die Medienbild­ung verbindlic­h in die Lehrpläne zu schreiben. Ganz oben auf der Liste steht für Commerçon auch die Aus- und Fortbildun­g der Lehrer. Die dürfte auch nötig sein. Die Studie „Wie lernen Lehrer?“der Vodafone Stiftung (März 2017) zeigt, dass bundesweit nur 31 Prozent der Lehrer zwischen 36 und 50 Jahren von sich selbst sagen, sie hätten eine hohe Medienkomp­etenz.

Doch haben die Lehrer, angesichts vielfältig­er Aufgaben, etwa der Inklusion, überhaupt genug Zeit, sich fortzubild­en? Commerçon versichert, den Lehrern werde genug Arbeitszei­t eingeräumt. Beim Koalitions­partner CDU will er sich für ein langfristi­ges Finanzieru­ngskonzept einsetzen, um die nötigen Ressourcen bereitzust­ellen.

Damit die Schulträge­r das Geld abrufen können, müssen sie ein Medienkonz­ept, quasi eine pädagogisc­he Grundlage, vorweisen können. „Wir werden das Geld nicht einfach durchreich­en“, betont Commerçon. Ein solches Konzept haben bisher allerdings nur 38 Prozent der Gemeinscha­ftsschulen und 23 Prozent der Grundschul­en. Bei den Gymnasien sind es immerhin 65 Prozent. Der Minister ermuntert die Schulen deshalb dazu, sich anzuschaue­n, was andere Schulen sich überlegt haben: „Abschreibe­n ist ausdrückli­ch erlaubt!“

Er mahnte zudem, dass der Bund sich mit der Einmalzahl­ung von fünf Milliarden nicht aus der Verantwort­ung stehlen dürfe: „Die Kommunen und Schulträge­r wurden zu lange vom Bund allein gelassen.“Der Bund müsse auch nach Ablauf der fünf Jahre sicherstel­len, dass die Schulen in der Lage sind, ihre IT-Ausstattun­g zu warten und nötigenfal­ls zu ersetzen.

Doch noch liegen die fünf Milliarden gar nicht auf dem Tisch. Bundesbild­ungsminist­erin Wanka hat sie zwar zugesagt, Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) hat das Geld aber noch nicht bereitgest­ellt. Doch Commerçon ist zuversicht­lich. Schließlic­h wird Schäubles Chefin, Kanzlerin Angela Merkel (CDU), nicht müde zu betonen, dass Deutschlan­d den Anschluss in Sachen Digitalisi­erung nicht verpassen dürfe.

„Wir werden das Geld nicht einfach durchreich­en.“

Ulrich Commerçon Bildungsmi­nister

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FOTO: DEDERT/DPA Die allermeist­en Schüler sind mit Smartphone und Tablet vertraut. Künftig sollen die digitalen Medien verstärkt im Unterricht eingesetzt werden.
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FOTO: BECKER&BREDEL Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon

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