Saarbruecker Zeitung

Olympia-Schwimmer starten in Berlin

Bei den deutschen Meistersch­aften der Schwimmer in Berlin geht es um die WM-Qualifikat­ion – und die Kritik an Henning Lambertz.

- VON JÖRG SOLDWISCH

13 Schwimmer aus dem Saarland starten ab kommendem Donnerstag bei den deutschen Meistersch­aften in Berlin. Mit dabei sind auch die Olympia-Teilnehmer Annika Bruhn und Christoph Fildebrand­t. Ihr Trainer will eine Weiterentw­icklung sehen.

BERLIN Nach der scharfen Kritik von Paul Biedermann nahm Henning Lambertz das Telefon zur Hand und schrieb seinem einstigen Vorschwimm­er eine Nachricht. Die Folge: Bei der an diesem Donnerstag beginnende­n deutschen Meistersch­aft in Berlin werden sich der Bundestrai­ner und der ehemalige Weltmeiste­r ausspreche­n. Wahrschein­lich wird Lambertz viele solcher Gespräche führen müssen, denn seine umstritten­en Maßnahmen nach dem erneuten Olympia-Debakel schlagen im deutschen Schwimmspo­rt hohe Wellen.

Gegen die zum Teil heftige Kritik wehrt sich der unter Druck geratene Lambertz. „Alle müssen den Mut haben, auf den Entscheidu­ngen meines Teams nicht herumzuhac­ken, sondern sie eigenmotiv­iert umzusetzen“, sagt Lambertz: „Ich vermisse bei einigen die Aufbruchst­immung, die Haltung: Jetzt packen wir es an!“

Ein „Weiter so“, betont Lambertz, könne es nicht geben. Ansonsten seien die nächsten Pleiten programmie­rt. Deshalb hat er ein Maßnahmen-Paket geschnürt, das ein neues Kraftkonze­pt, deutlich härtere Normen und eine stärkere Zentralisi­erung beinhaltet – und das (erwartungs­gemäß) nicht überall auf Gegenliebe stößt. „Wenn in zwei Jahren zu sehen ist, dass zum Beispiel das Kraftkonze­pt keine Verbesseru­ng bringt, dann können wir es abändern, in den Papierkorb schmeißen oder mich mit Schimpf und Schande vom Hof jagen“, sagt der 46-Jährige: „Aber wir müssen etwas probieren.“

Damit tut man sich im deutschen Schwimmen aber traditione­ll schwer. Der Bundestrai­ner versuche, „allen eine Doktrin aufzudrück­en, von der nur er selbst überzeugt ist“, sagte der zurückgetr­etene Weltrekord­ler Biedermann kürzlich der Süddeutsch­en Zeitung. Bei der kritischen Bewertung von Lambertz’ Maßnahmen scheinen aber auch alte Rechnungen beglichen zu werden. Biedermann­s Ex-Trainer Frank Embacher, der sich zurzeit mit dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) im Rechtsstre­it wegen seines ausgelaufe­nen Vertrages befindet, ätzt gegen Lambertz: „Wer nicht bei seinem System mitmacht, hat keine Chance bei ihm. Da kann ich verstehen, wenn Betroffene von Nötigung sprechen.“

Das neue, auf Maximalkra­ft angelegte Kraftkonze­pt sehen manche Heimtraine­r als Einmischun­g in ihre Arbeit. Für Wirbel sorgte der Fall Vanessa Grimberg. Die WM-Halbfinali­stin verliert ihre Anstellung als Sportsolda­tin bei der Bundeswehr, weil sie nicht wie von Lambertz gewünscht von Stuttgart zum Bundesstüt­zpunkt Heidelberg wechseln will. „Ich will niemandem etwas aufzwingen“, sagt Lambertz: „Wollen sie ihr eigenes Ding machen, muss und werde ich dies akzeptiere­n, allerdings erfahren sie vom DSV dann keine Unterstütz­ung mehr.“

Keine Frage: Lambertz ist deutlich weniger kompromiss­bereit als in den ersten Jahren nach seinem Amtsantrit­t 2013. Das liegt zum einen am Reformdruc­k des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB), zum anderen aber auch daran, dass der Wuppertale­r seine Arbeit immer am jetzigen Olympiazyk­lus messen lassen wollte. Er spürt, dass die Schonfrist einen Monat vor der WM in Budapest abläuft.

Der Rückhalt des neuen Präsidiums ist ihm noch sicher, auch Weltmeiste­r Marco Koch („Er ist der richtige Mann“) steht hinter dem Bundestrai­ner. Zudem hat Lambertz in den vier Kern-Stützpunkt­en in Essen, Hamburg, Heidelberg und Berlin Leute als hauptveran­twortliche Trainer installier­t, die seinem Weg folgen. Bei einigen Trainern und Athleten müsse er jedoch „extrem dicke Bretter bohren“, gibt er zu.

„Der Bundestrai­ner versucht, allen eine Doktrin aufzudrück­en, von der nur er selbst

überzeugt ist.“

Ex-Weltmeiste­r Paul Biedermann

über Henning Lambertz

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FOTO: IMAGO Der in die Kritik geratene Bundestrai­ner Henning Lambertz steht im Berliner Schwimmsta­dion, wo an diesem Donnerstag die deutschen Meistersch­aften beginnen.

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