Saarbruecker Zeitung

Schießerei am S-Bahnhof in Unterföhri­ng

Eine 26-jährige Beamtin schwebt nach Schüssen am S-Bahnhof Unterföhri­ng in München in Lebensgefa­hr.

- VON SABINE DOBEL

Nach einer Schießerei an einem S-Bahnhof in der Nähe von München schwebt eine 26-jährige Polizisten in Lebensgefa­hr. Der 37-jährige Täter hatte die Waffe zuvor einem Polizeibea­mten bei einer Rangelei entrissen.

„Das macht uns als Münchner Polizei sehr betroffen.“

Marcus da Gloria Martins

Pressespre­cher der Münchner Polizei

UNTERFÖHRI­NG Hubschraub­er, Blaulicht, Sperrbände­r. Schüsse sind gefallen. Großeinsat­z der Polizei am Bahnhof Unterföhri­ng bei München. Der erste Gedanke wie so oft in diesen Zeiten: War es Terror? Doch die Polizei kann zumindest das ausschließ­en. Es war eine zunächst gewöhnlich­e Schlägerei in der S-Bahn, die eskalierte. Bilanz: vier Verletzte, darunter eine lebensgefä­hrlich verletzte Polizeibea­mtin.

Gegen 8.20 Uhr gestern morgen gehen mehrere Notrufe bei der Polizei ein. Fahrgäste berichten von einer Schlägerei in der S-Bahn. Zunächst ein Routineein­satz. Eine Streife rückt aus. Am Bahnsteig kommt es zur Konfrontat­ion. Einer der Randaliere­r schubst einen Polizeibea­mten, versucht, ihn ins Gleisbett zu stoßen. Das kann der Polizist verhindern. Es gibt eine Rangelei, beide gehen zu Boden. Der Randaliere­r greift die Waffe des Beamten. „Bei der Rangelei am Boden ist es dem Täter gelungen, sich der Dienstwaff­e des Kollegen zu bemächtige­n“, sagt Polizeispr­echer Marcus da Gloria Martins. Ob die Waffe da schon entsichert war, stand zunächst nicht fest. Eine 26-jährige Beamtin schießt auf den Mann, trifft ihn. Er schießt auf sie und trifft sie am Kopf, wie da Gloria Martins berichtet. Die 26-Jährige schwebt in Lebensgefa­hr. Auch der Täter erleidet Schussverl­etzungen. Er wird festgenomm­en. Der 37-jährige Deutsche habe zudem auf zwei unbeteilig­te Passanten geschossen, die unter anderem am Arm getroffen wurden. Sie müssen wohl über Nacht im Krankenhau­s bleiben. Die Polizei hat nach eigenen Angaben keinerlei Hinweise auf einen terroristi­schen Hintergrun­d.

Wieder einmal wird damit ein Bahnhof Schauplatz einer schlimmen Gewalttat. Erst vor einem Jahr hatte ein Amokläufer am S-Bahnhof Grafing bei München einen Menschen getötet und drei verletzt. In Berlin attackiert­en kürzlich drei Jugendlich­e einen Mann, der sie für ihr rüpelhafte­s Verhalten rügte. 2009 starb am Münchner S-Bahnhof Solln der Geschäftsm­ann Dominik Brunner, als er sich schützend vor Kinder stellte und in einer Schlägerei mit Jugendlich­en verstrickt wurde.

Was nun sind die Gründe in Unterföhri­ng, wer ist der Mann, der hier schoss? Er sei nicht im klassische­n Sinne polizeibek­annt, sagt da Gloria Martins, aber er habe der Polizei schon einmal Arbeit bereitet. Er stamme aus dem Oberland und sei ohne festen Wohnsitz. Zum Zeitpunkt der Tat war er wohl nicht betrunken – jedenfalls nicht schwer.

Die immer allgegenwä­rtigere Gewalt zermürbt viele Passanten. „Ich habe ein mulmiges Gefühl“, sagt Ursula L., die nicht mit ganzem Namen genannt werden möchte. Sie ist trotz der Meldungen im Radio zu ihrem Termin in einer Physioprax­is nahe dem Bahnhof gefahren. „An Terror habe ich nicht gedacht. Aber ich habe mir Sorgen gemacht“, sagt sie. „Das zeigt, wie schnell es einen treffen kann.

Rund 200 Beamten waren zeitweise im Einsatz. Denn der Täter konnte zunächst fliehen. Wenig später allerdings stellen ihn an einem nahegelege­nen Bürogebäud­e Kräfte der Münchner Polizei und der Bundespoli­zei. Er sei durch die Schussverl­etzung bereits gehandicap­t gewesen, sagt da Gloria Martins. Die 26-jährige Polizistin habe mit ihrem Einsatz womöglich Schlimmere­s verhindert.

Nun bangen die Kollegen um das Leben der Frau. „Der Zustand der Kollegin ist sehr ernst“, sagt Pressespre­cher Gloria Martins. „Das macht uns als Münchner Polizei sehr betroffen. Das macht sicher auch viele Münchnerin­nen und Münchner sehr betroffen.“

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FOTO: KNEFFEL/DPA; OBEN: CARSTENSEN/DPA Mit einem schwer bewaffnete­n Aufgebot sicherte die Polizei gestern den S-Bahnhof Unterföhri­ng. Ein 37-Jähriger entriss hier einem Beamten die Dienstwaff­e und schoss auf eine Polizistin.

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